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Eine glückliche Schatzsuche

Die Siedlungsspuren der Kelten reichen 6.000 Jahre zurück. Sie werden mit geophysikalischen Messungen erforscht

Es war das reine Glück! „Man hüpft im Geiste eine halben Meter höher“, sagt Werner Erk vom Heimat- und Geschichtsverein Glauburg begeistert. Erk war dabei, als die Archäologen auf Gold stießen. Ein sensationeller Fund. Am Glauberg in der hessischen Wetterau hatten sie ein unberaubtes Keltengrab geöffnet. Dieser Fund Mitte der Neunzigerjahre ist das bisher letzte archäologische Highlight hierzulande und einer der spektakulärsten Keltenfunde überhaupt. So die Einschätzung von Fachleuten.

Es war nicht der Goldschmuck allein, der begeisterte. Hinzu kam die gut erhaltene menschengroße Steinfigur, die sich als Alter Ego des Toten herausstellte. Der große goldene Halsring fand sich stilisiert in Stein wieder, die Statue trägt die gleichen Arm- und Fingerringe, die auch im Grab gefunden wurden. Natürlich wurde noch viel mehr gefunden, etwa eine große bronzene Schnabelkanne.

Werner Erk aus Glauburg am Glauberg ist der Entdecker der Erdveränderungen, die schließlich zu den Grabungen führten. Ein Kreis im Kornfeld. Klingt mystisch, aber es gibt eine einleuchtende Erklärung: Ein verschütteter runder Graben bewirkte Wachstumsveränderungen, das Getreide über dem Graben brauchte 8 bis 10 Tage länger, um reif zu werden. Mit Flugbildern vom Kornfeld rückte man der staatlichen Denkmalpflege auf die Pelle. Hartnäckig. Dann kamen die Archäologen und stießen nicht allein auf prähistorische Gräben, sondern auch auf reich gefüllte Gräber.

Die Kelten sind beliebt. Ihre Existenz ist gut belegt, aber voller Geheimnisse. Sie gingen der Historie praktisch verloren, gingen unter zwischen Römern und Germanen, nur an den Rändern Europas gibt es noch keltische Bevölkerungskreise. Die Glauburger lieben die Kelten ganz besonders. Seit hunderten von Jahren wird hier immer mal wieder gegraben. Die Siedlungsspuren auf dem Berg reichen 6.000 Jahre zurück. Zur Hoch-Zeit der Kelten, um das 5. und 4. Jahrhundert vor Christus herum, sollen zweieinhalbtausend Menschen das Plateau bevölkert haben. Da finden sich leicht Überbleibsel.

Ortstermin Glauberg. Der Fahrweg, der zu dem Archäologiepark weist, endet am Aussichtsturm unterhalb der Ringwälle. Unterhalb der Keltenwälle ein großer Erdhügel mit ihn umgegebenden Gräben: Das Fürstengrab wurde rekonstruiert. So wollte es der Heimat- und Geschichtsverein. Inzwischen betreut ein Förderverein die historische Stätte. Jetzt plant man hier den Bau eines neuen Museums.

Das archäologische Engagement der Heimat- und Geschichtsvereine und die touristische Erschließung ist praktisch eine Bewegung „von unten“, meint Vera Rupp vom Hessischen Landesamt für Denkmalpflege. Mehr und mehr „vernetze“ man sich. Südhessen hat im letzten Jahr die „Keltenstraße“ kreiert. Mit diesem Marketingkonzept gewinnen nun auch die anderen Keltenstützpunkte neue Attraktivität. Etwa die Keltenfestung Dünsberg bei Gießen oder die Ringwälle im Taunus. Und es geht weiter, vor allem mit den ärchäologischen Funden. Wer nämlich glaubt, dass hierzulande alles vermessen und verbaut und ausgegraben ist, irrt sich gründlich. Seit etwa 5 Jahren werden verstärkt die neuen Methoden geophysikalischer Messungen und der Luftbildarchäologie eingesetzt. Mit Erfolg. Denn alles, was irgendwann einmal auf dieser Erde gebaut oder vergraben wurde, hinterlässt messbare Spuren. Vera Rupp hält weitere Sensationsfunde keinesfalls für ausgeschlossen.

CHRISTEL BURGHOFF

www.glauberg.de, www.keltenfuerst.de,www.keltenstrasse-hessen.de

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