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Das dünne Ende der Welt

In der Bekämpfung des Hungers macht Afrika keine Fortschritte – und solange der Hunger andauert, bleibt Afrika unterentwickelt. Weitere Generation in Gefahr

NAIROBI taz ■ In Zentralkenia wiegen die Maisstengel frisch grün im Wind – im Norden und Osten des Landes hingegen verkümmert die Basisnahrung der Kenianer. Ursache ist Mangel an Regen in manchen Regionen, während es anderswo in Strömen gegossen hat. Mehr als 2,3 Millionen Kenianer hungern, und die Zahl steigt. Die Regierung hat deshalb die internationale Gemeinschaft um Hilfe gebeten. Aber die zögert, denn Kenias neue Korruptionsaffären machen das Land zu einem unzuverlässigen Partner. Nun fürchten Kenias Maisbauern, dass Nahrungsmittelimporte ausgerechnet zum Zeitpunkt der nächsten Ernte ankommen – und ihnen die Preise verderben.

Allein in Ostafrika hungern momentan 14 Millionen Menschen und sind auf ausländische Hilfe angewiesen, sagen Hilfswerke. In ihren Millenniumszielen wollte die UNO bis 2015 Unterricht für alle Kinder, für jeden Zugang zur Gesundheitspflege und die Armut halbieren – Ziele, denen sich auch Kenias neue Regierung verschrieben hat. Aber in Afrika, wo ein Viertel der Armen der Welt wohnt, werden die Millenniumsziele nach dem gegenwärtigen Tempo ihrer Umsetzung erst in 150 Jahren erreicht, hat die UNO berechnet.

Von den über 800 Millionen Bewohnern des Kontinents müssen 300 Millionen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen, davon sind 200 Millionen Menschen chronisch hungrig und von diesen brauchen 30 Millionen Nothilfe, um nicht zu verhungern. Diese trostlosen Zahlen haben sich in den letzten 30 Jahren kaum geändert, sind sogar eher gewachsen. In derselben Zeit sank die Zahl der Unternährten in Entwicklungsländern weltweit von 37 auf 18 Prozent der Bevölkerung. In Ost- und Südasien fiel der Prozentsatz von 43 auf 13 Prozent. Afrika südlich der Sahara dagegen kam nie unter die 34 Prozent von 1969.

Gründe dafür gibt es reichlich. Ein Drittel der Afrikaner verfügt nicht über genügend Geld, um Nahrungsmittel zu kaufen und ist deshalb auf den eigenen Garten angewiesen. Wenn es, wie so oft, zu trocken oder zu nass ist, bleibt die Ernte aus. Insektenplagen, wie jetzt zum Beispiel die Heuschrecken in Westafrika, treten alle paar Jahre auf. Es gibt zu wenig Silos, um Ernten zu speichern und wenn sie denn existieren, sind sie oft zu alt und schlecht gebaut, wodurch Produkte verfaulen – ein Grund für die aktuelle Nahrungsknappheit in Kenia. Außerdem breitet sich in vielen Gegenden die Wüste immer weiter aus, und in anderen sorgen bewaffnete Konflikte für die Zerstörung der Landwirtschaft und der bäuerlichen Handelskreisläufe.

Jedes Jahr sterben 2,4 Millionen Afrikaner an den Folgen von Aids. Tuberkulose tötet 600.000 pro Jahr, Malaria eine Million, Lungenentzündung 1,2 Millionen. Diese Krankheiten entziehen den Familien oft gerade die produktive Generation, die für Einkommen sorgt. Immer mehr Großeltern müssen für ihre Waisenenkel sorgen. Es mangelt nicht an Kenntnis der Probleme oder Ideen zur Überwindung der Armut, sondern an Möglichkeiten, diese in der Praxis umzusetzen (siehe etwa www.nepad.org). Solange ein Viertel der Afrikaner hungert, ist die Entwicklung des Kontinents blockiert.

ILONA EVELEENS

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