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„Lex Gerling“ passiert

Koalition will Bedeutung des Parlaments steigern – Weber will „persönlichen Referenten“ ohne Ausschreibung rufen

Bremen taz ■ „Ist bald die Lex Gerling dran?“ Unter Journalisten in der Lobby der Bürgerschaft war es gestern keine Frage: Als der Antrag von CDU und SPD zur Änderung des Beamtengesetzes aufgerufen wurde, dachten alle an die Absicht von Parlamentspräsident Christian Weber, den Weser Kurier-Journalisten Wigbert Gerling zum zusätzlichen Pressesprecher und persönlichen Referenten zu machen. Viele hatten sich auf die ausgeschriebene Stelle beworben, nur Gerling nicht. Gestern nun lag der Dringlichkeitsantrag vor, das Beamtengesetz so zu ändern, dass die Stellen von Bürgerschaftsdirektor, Pressesprecher, persönlichem Referenten sowie Vorzimmer ohne Ausschreibung besetzt werden können.

Es gehe um die „Stärkung des Parlaments“, erläuterte die SPD-Politikerin Cornelia Wiedemeyer die Gesetzesänderung. Der Präsident der Bürgerschaft solle Senatoren gleich gestellt werden. Helga Trüpel (Grüne) gab zu Bedenken, dass es hier um die Abschaffung der Ausschreibung für Positionen gehe, zu denen der gesamte Bürgerschaftsvorstand Vertrauen haben müsse. Zudem gebe es eine Pressesprecherin, das sei genug. Nur Siegfried Tittmann (DVU) fragte, warum diese Änderung so eilig als „Dringlichkeitsantrag“ eingebracht wurde?

Auf diese Fragen gab es keine Antwort in der Parlamentsdebatte. Wegen der Dringlichkeit wurde nach der Abstimmung gleich die zweite Lesung des Gesetzesänderung aufgerufen. „Die Beratung ist eröffnet, Wortmeldungen liegen nicht vor, die Beratung ist geschlossen, wir kommen zur Abstimmung.“ Im Herbst schon soll die Änderung gelten, ab dann Stellen ohne Ausschreibung besetzt werden.

Gerling, der bei dieser Debatte nicht auf der Pressebank im Plenarsaal saß, ist überzeugt, dass es eine reizvolle Aufgabe wäre, als Sprecher des Parlaments und Referent des Präsidenten die Bedeutung der Volksvertretung herauszustreichen. Gleichzeitig behauptet er, er habe keine Ahnung, worum es bei dieser Gesetzesänderung gehe. Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen ist derweil zu hören, Gerling habe die Bedingung gestellt, dass die derzeitige Pressesprecherin aus dieser Funktion ausscheidet, bevor er sich rufen ließe. kawe

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