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Auf Wiedersehen im Reich der Mittel

Beim nächsten Mal wird alles noch viel schlimmer. China – schon jetzt die zweiterfolgreichste Nation nach den Vereinigten Staaten – hat die Olympischen Spiele von Athen nur als Lernspiele gesehen und wird erst in vier Jahren so richtig abräumen: Pekings Dopingbilanz 2008

PEKING, 11. August 2008 taz ■ Am Morgen nach der Schlussfeier der Olympischen Spiele zieht das Sportpolitbüro der KP zufrieden Bilanz: „Unser Plan wurde noch übererfüllt“, spricht mit weihevoller Miene der Vorsitzende Xiao Ping Do, „unsere glorreichen Athleten haben weit mehr Gold gewonnen als die Restwelt zusammen.“

Dann kommt Do auf Pekings Dopingbilanz zu sprechen. Nicht alles sei gelungen, aber „immerhin sind mehr mittelrussische Gewichtheber und ungarische Gegenstandwerfer erwischt worden als Sportler aus unserem Reich der Mittel“. Bewährt habe sich die Idee, nur solche Kontrolleure ins Land zu lassen, „die vorab Kooperationsbereitschaft zugesichert hatten“. Ein kleines Lächeln umspielt Dos Gesicht: „Ich glaube, IOC-Funktionäre hätten das Zeug für unsere Gremien.“

Die Welt hatte gestaunt: Nachdem China schon vor vier Jahren bei den Lerngames von Athen das „Projekt 119“ ins Leben gerufen hatte, nach dem gerade die prestigeträchtigen Kerndisziplinen Leichtathletik, Turnen und Wassersport forciert wurden, wurde in Peking abgeräumt: Goldkonfetti im Schwimmen, der siebenfache Segeltriumph, allererste Plätze im Kanu bis auf einen („und diese deutsche Fischerin des Goldes werden wir auch noch mal kriegen“), reihenweise Gold selbst im Fuß- und Handball und beim Radeln. „Und sogar, darauf sind wir besonders stolz, bei der Pferdedressur.“ Niemandem waren die ferngesteuerten Kunströsser aufgefallen: „Wir haben sie sogar äpfeln lassen und sabbern. Dank an unsere kreativen Kreaturenschöpfer der Volksuniversität von Peking.“

Do reflektierte noch einmal die neuen, „volkseigen verfertigten Anabolitiden und Testosterane“, die aus Hänflingen Kraftmonster gemacht hatten; „intelligente Wirkstoffe, die sich nach dem Abrufen der Leistung automatisch selbst zerstören und somit nie nachweisbar waren“. Im Gewichtheben der Superfliegengewichtler hatte der Chinese Li-Li sogar einarmig Gold gewonnen. Jetzt klatschen die Zuhörer der Sport-KP im Stakkato. Besonders bewährt hätten sich, so Do weiter, die Schrumpfungshormone, um Gewichtsklassen zu unterschreiten, und „die subkutanen Beutel mit Clean-Urin im Schambeinbereich“. Allein bei „den himmlischen Körperchen unserer Turnerinnen gab es gelegentlich Platzprobleme“.

In New York 2012 wolle man, so Do, die Bilanz weiter ausbauen. „Noch gibt es schließlich vereinzelt andere Olympiasieger.“ Erste Kontakte „mit unseren amerikanischen Freunden“ seien geknüpft. „Dafür haben wir sie hier ja das lächerliche Basketballfinale gewinnen lassen und auch ihre zweite Goldmedaille im Synchronschwimmen der Männer zugelassen.“ Das Protokoll verzeichnet prasselnden Applaus und – „zu Ehren unserer alten vietnamesischen Freunde“ – anhaltende Hoch-hoch-hoch-Che-Mie-Rufe. BERND MÜLLENDER

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