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unterm strich

Statt einer Politisierung der Sexualität erleben wir momentan das glatte Gegenteil: die Sexualisierung der Politik. Eine solche meint der italienische Autor und Geisteswissenschaftler Umberto Eco zu beobachten. In einem Interview des Magazins Stern bezeichnete der Schriftsteller Politiker wie Arnold Schwarzenegger oder Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi als „Avantgarde einer neuen Politkultur: Triumph und Herrschaft der Schönheit“. Berlusconi sei zwar mächtig, aber „dennoch getrieben: Er muss gut aussehen. Vital. Fit.“ Hässlichkeit hält Umberto Eco für ein Privileg von Philosophen. Jean-Paul Sartre durfte so hässlich sein, wie er es war.

Nach Ecos Einschätzung kämpfen auch deutsche Politiker wie Angela Merkel oder Gerhard Schröder „um gutes Aussehen“. Dass diese Frage aber die Bundestagswahl entscheiden wird, hält Eco für unwahrscheinlich. Warum sich Eco mit so was überhaupt beschäftigt? Wegen seines neuen Buchs „Die Geschichte der Schönheit“, das am 18. September auf Deutsch erscheint. Darin befasst sich der Bestsellerautor mit der Frage, wann und warum etwas als schön erachtet wird.

Zum Beispiel die in der Berliner Neuen Nationalgalerie ausgestellte MoMA-Kunst, die inzwischen vom millionsten Besucher für schön oder wenigstens interessant befunden wurde. Die 19-jährige Abiturientin Marie-Louise Dietrich aus Willstätt (Schwarzwald) wurde vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (noch so ein lebendes Beispiel für die Sexualisierung von Politik) begrüßt. Sie war mit ihren Eltern (wie mindestens zwei Drittel der MoMA-Besucher) extra nach Berlin angereist. Mit der feierlichen Begrüßung habe sie nicht gerechnet, da sie gar nicht gewusst habe, dass der millionste Gast erwartet wurde.

Wowereit überreichte der Jubiläumsbesucherin einen magentafarbenen Blumenstrauß sowie eine Einladung in das MoMA nach New York. Dort wird die angehende Germanistikstudentin die New Yorker Ausstellung noch vor der offiziellen Wiedereröffnung im November besuchen können. Also ganz ohne Schlange. In Berlin hatte sie mit ihren Eltern allerdings bis zum Einlass auch nur eine Stunde vor der Ausstellung angestanden. Was angesichts von momentanen Wartezeiten von bis zu acht Stunden erstaunlich wenig ist …

Überhaupt freuen sich nun natürlich alle über den so schönen, runden MoMA-Erfolg. Gut so. Eine klitzekleine Nörgelei sei hier dennoch angebracht: Man darf sich in der Ausstellung keine Notizen machen. Dass man sich als Journalist da gleich kastriert fühlt, scheint niemanden zu scheren. Frechheit, das!

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