: Die Geldmaschine
Geldverdienen mit der Maus. Heute: Wie Willi immer reicher wird – und wir alle das bezahlen
von PAUL C. MARTIN
Onkel Willi ist Kapitalist und seine Spezialität ist die so genannte „Umverteilung von unten nach oben.“ Die schätzt er ganz besonders. Weil er schon oben ist. Eine gut gehende Praxis, Mietshäuser, sechsstelliges Jahreseinkommen.
Die sicherste Umverteilung, sagt der Onkel, schafft der Staat. Der melkt die Kleinen und lässt die Großen immer fetter werden. Was der Staat da macht, nennt man „Steuervorteile“. Am liebsten sind dem Onkel solche Vorteile, die nicht erst durch den Staatsetat laufen, sondern wo der Melker sich beim Gemolkenen direkt bedient.
Drum ist Onkel Willi Fan von Windanlagen. Dort läuft die Umverteilung prima.
Klar, denn die Windrad-„Parks“ (er liebt das Wort „Park“, weil die Windräder so herrlich in die Landschaft passen) dürfen ihren Strom zum Spitzenpreis verkaufen. Der liegt pro Kilowattstunde rund dreimal so hoch wie der durchschnittliche Strompreis aus anderen Energiequellen (olle Kohle, böses Uran). Und weil die Stromfritzen jedes Kilowattchen ankaufen müssen, das der Wind spendiert, dürfen sie beim Weiterverkauf an die Kunden ihre Kalkulation „anpassen“: Strom teurer verkaufen als sie ihn verkaufen würden, wenn es keine Windkraft gäbe. Zwei Milliarden Euro zahlen die Verbraucher darob zusätzlich im Jahr.
Und bei dieser Umverteilung hält der Willi gern gleich beide Hände auf: Er hat für Millionen schon Windanteile gezeichnet. Und er ist nicht allein. Im letzten Jahr steckten er und seinesgleichen 430 Millionen Euro bar in diese Fonds, die mit zusätzlichen Krediten auf 1,35 Milliarden Euro aufgepumpt wurden.
Wozu Kredite? Na, weil das richtig Steuern spart! Denn Investitionen in den Wind kann jeder beim Finanzamt absetzen wie solche in Häuser, Containerschiffe oder eine Second-Hand-Boutique.
Nun ist leider Wind nicht immer Wind, häufig weht er gar nicht. Für manche seiner Windanteile schiebt Onkel Willi noch flotte zehn Prozent nach Steuern ein. Doch langsam droht die Flaute.
In den Jahren 2001 und 2002 wehte es in Deutschland um ein Sechstel weniger als „prospektiert“, 2003 pustete Petrus sogar um ein Drittel mauer. Die Windfonds rotieren zwar noch immer Geld auf Onkels Konto. Aber das zahlen die aus ihren Liquiditätsreserven (für Willi ist das rechte Tasche, linke Tasche) und ist nicht echt verdient.
86 Prozent aller Windfonds stecken aktuell im Minus (Fondsmedia, Hamburg). Der Windpark „Himmelreich“ ist sogar schon pleite. Der Onkel prozessiert jetzt wegen falscher Windgutachten. Ein erstes Urteil hat ihm Recht gegeben: Die Windmüll-Initiatoren müssen sein Geld plus 4 Prozent Zinsen zurückzahlen. Kein Risiko also, sagt der Onkel.
14.500 Windmühlen gibt’s auch erst und insgesamt sollen’s 80.000 werden. Da will er weiter mit kassieren. Vor allem, wenn die Nordsee vor der deutschen Küste mit diesen prächtigen Gegenständen komplett zugestellt wird. Immer schön dem Wind entgegen und der Umverteilung auch.
Paul C. Martin ist Wirtschaftsfachmann und Redakteur der Bild-Zeitung
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