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nichts mehr zu verlierenOptimistix, der tumbe Berliner

Wir befinden uns im Jahr 2004 nach Christus. Ganz Deutschland befindet sich in den Klauen der Angst. Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Optimisten bevölkertes Dorf namens Berlin hört nicht auf, der Angst die Zähne zu zeigen. Wie es sich für die Habenixe in diesem Dorf gehört, fürchten sich Sozialnix und seine Frau Hartzia vor nichts mehr – außer dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte. So ähnlich könnte er anfangen, der Band „Asterix und die Berliner Versicherungsfritzen“. Es gäbe eine spannende Schlacht um die letzten Arbeitsplätze und Eigentumswohnungen, dann der große Sieg der Optimisten – und im letzten Bild hängen die Versicherungsmakler samt Hausratsversicherungen im Baum über dem zünftigen Wildschwein-Bankett.

KOMMENTAR VON ADRIENNE WOLTERSDORF

Nun haben wir es jedenfalls schwarz auf weiß: Die Berliner sind optimistischer, oder sagen wir angstfreier, als die meisten anderen Deutschen. Das fand eine westdeutsche Versicherung mit einer Studie heraus. Und wir nehmen an, die Versicherungskaufleute dürften nach dieser Lektüre ihrerseits in heller Aufregung sein. Denn nicht nur, dass „der Berliner an sich“ sich nicht einmal mehr vor Raub und Wasserschaden graust, nein, er hat nicht einmal Angst, seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

Ganz anders der Berliner Versicherungsmakler. Der hoffte noch aus den Kürzungskeilen des Sozialumbaus Funken schlagen zu können. Versicherungspakete zu Discountpreisen gegen die Armut der Zukunft – doch wir sind sorglos geworden: Wo nichts mehr ist, ist auch nichts mehr zu verlieren. Berlin ist pleite – und nun nicht einmal mehr Absatzgebiet für das Geschäft mit der Hoffnung.

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