: Der Flachlandknaller
Die beliebte Messe im niedersächsischen Seeven jetzt mit attraktiven Angeboten
Nach der Umbaupause ist es endlich so weit: „Deutschlands kleinster Messestandort“, die Nordheide-Messe in Seeven, öffnet wieder ihre Pforten. Am heutigen 4. Oktober wird das neu gepflasterte Ausstellungsgelände rund um die historische Mehrzweckhalle mit einem „Einheits-Preisschießen für Jedermann“ eingeweiht. Am Sonntag startet dann mit der „ETi.KETTA“, der internationalen Messe für Etikettendesign, der erste große Publikumsrenner.
Auf einer Pressekonferenz gab Messechef Friedrich Rettiger, 37, gestern einen Ausblick auf das diesjährige Seevener Ausstellungsprogramm. Stolz verwies er darauf, dass man mit der „haltestellA“, der wohl bedeutendsten europäischen Fachmesse für öffentlichen Warteraum und Haltestellenmöblierung, dem Konkurrenten Harburg einen echten Knaller habe abwerben können (Termin: 11. bis 13. November). Allerdings müsse deshalb die „InterSORGA“, die Leistungsschau der norddeutschen Müllbeschaffungsverbände, dieses Jahr in die Vorweihnachtszeit gelegt werden (18. bis 23. Dezember). Entgegen anders lautenden Meldungen bleibt das nationale Kontaktsprayforum der Seevener Messe erhalten (24. bis 28. Februar 2004). Auch die unter Umsatzsteuerpflichtigen so beliebten Quittungentauschbörsen finden weiterhin monatlich in Seeven statt. Kleiner Wermutstropfen: Die Erotikmesse „STIMULANZIA“ – im Volksmund eher unter dem Namen „WICHSVORLAGA“ bekannt – kann „aus Sicherheitsgründen“, so der Messechef, in diesem Jahr nur für Fachbesucher und die Presse zugänglich gemacht werden (19. bis 23. Oktober). Der traditionelle Nacktflohmarkt hingegen bleibt für alle volljährigen Besucher offen (27./28. Dezember).
Eine Doppelbuchung wie im vergangenen Jahr zu Pfingsten versprach Messechef Rettiger künftig auszuschließen. Wie berichtet, war die Nordheide-Messe ausgerechnet zum begehrten Pfingsttermin sowohl an die islamische Zeltmission „Mohammeds Sühne“ als auch an die Monster-Truck-Show Riedenklau vergeben worden. „Eine peinliche Lachnummer, die dem Ansehen des Standorts nach einer von uns beauftragten Umfrage aber weniger geschadet hat als zunächst befürchtet“, so der Messechef.
Unbestritten das Highlight im Seevener Messeherbst dürfte aber wieder die am Sonntag beginnende „ETi.KETTA“ sein. Seit nunmehr 33 Jahren strömt die internationale Elite der Etiketten-Designer und Preisschild-Gestalter in die pittoreske Nordheidemetropole, um in der reetgedeckten Mehrzweckhalle ihre neuesten Kreationen zu präsentieren. Rekordverdächtige 150 Teilnehmer aus 23 Ländern sind dieses Mal gemeldet. Gastland der „ETi.KETTA“ 2003 ist Lappland, wo sich, so Rettiger, sehr Interessantes tue. Vor allem im Segment Hemdkragenwerbung hätten die Lappen überraschende Lösungen anzubieten. Sonntag wird die Schau im Beisein von Lapplands Botschafter Petrol Rasmussom und seiner Gattin Jette Jo eröffnet.
Größter Publikumsmagnet dürfte dann wieder die im Rahmenprogramm der „ETi.KETTA“ gezeigte Kunstsonderschau werden. Schwerpunkt der Ausstellung dieses Mal: die Preisschilder-Kollektionen von Italiens Grafik-Star Roberto Roberti, die erst im August im Braunschweiger Museum of KrawattenArt für Furore gesorgt hatte. Daneben konnte Kuratorin Miriam Pfeffer (Köln) wieder einige kuriose Exponate für die diesjährige Schau beschaffen; so etwa das Preisschild für eine sowjetische Mittelstreckenrakete vom Typ SS 16 („12,35 Mill. Rubel“) oder eine Sonderangebote-Tafel aus einem Copyshop der afghanischen Hauptstadt Kabul. Erneut zu sehen sein wird die hinreißende Sammlung jamaikanischer Unterhosenschildchen, die bereits 1995 vor allem das weibliche Messepublikum in Verzückung versetzte. Erstmals übrigens findet die Sonderschau in diesem Jahr in den frisch renovierten Bürgermeister-Otto-Helbig-Sälen am Krautmarkt statt. Die bisherigen Ausstellungsräume in der Willihalle sind dem großen Publikumsandrang nicht mehr gewachsen.
Am Sonntagabend treffen sich dann die Messeteilnehmer zu ihrem traditionellen Schwoof beim „ETi.KETTA“-Ball im Busdepot der Überlandwerke. Bevor dort sicher wieder ausgiebig das Tanzbein geschwungen wird, zeigt die Theater-Manufaktur Vegesack eine szenische Collage, in der die Einführung des Euro tänzerisch problematisiert wird. Ein Stück, das vom deutschen Berufsverband der Etikettierer eigens in Auftrag gegeben wurde, da doch der Euro selbst zwei Jahre nach dem Währungswechsel bei den Preisschildgestaltern immer noch für viel Verzweiflung sorgt. Auch auf dem die Messe begleitenden Fachkongress „Brauchen wir eine Etikette des Etiketts“ wird das Eurozeichen € das alles beherrschende Thema sein. FRITZ TIETZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen