: „Blau ist die Farbe der Harmonie“
Sportpsychologin Maite Iriarte Rego hat eine steile These: Das Blau der neuen Tartanbahn im Olympiastadion macht die Läufer nicht langsamer. Möglicherweise aber sorgt die neue Farbe für fairere Wettkämpfe – und für Sympathie
taz: Frau Dr. Iriarte Rego, die Tartanbahn im Olympiastadion ist seit der Renovierung nicht mehr rot, sondern blau. Welche Auswirkungen hat das auf die Psyche der Sportler und Läuferinnen?
Maite Iriarte Rego: Farben haben immer eine psychische Auswirkung auf Menschen. Für den einen oder anderen Sportler ist die blaue Bahn sicher erst einmal ungewöhnlich und wirkt sich dann auch individuell aus. Man sollte den Athleten genug Zeit geben, sich vor dem Wettkampf an die neue Farbe zu gewöhnen. Trotzdem sind für sportliche Leistungsfähigkeit andere Faktoren wie Einstellung und Motivation sehr viel entscheidender als die Farbe des Untergrundes.
Blau gilt ja eher als beruhigende Farbe, während Rot aggressiv machen soll. Kann es passieren, dass die Sportler auf der blauen Bahn vor lauter Beruhigung nicht mehr so schnell laufen wie sonst?
Blau ist zwar eine Farbe der Ruhe, symbolisiert aber auch Sympathie, Harmonie, Freundschaft, Treue, Vertrauen und Zuverlässigkeit. Außerdem werden mit der Farbe Blau sehr oft vermeintlich männliche Tugenden assoziiert, wie etwa Mut, Sportlichkeit, Leistung, Konzentration und Selbstständigkeit. Rot steht mehr für Energie, Leidenschaft und Impulsivität. Beide Farben sind also für sportliche Leistung eher förderlich.
Auf Blau geht es also fairer zu als auf Rot?
Das kann durchaus sein. Blau ist ja auch nicht umsonst eine beliebte Farbe für Sportbekleidung. Gerade bei den Olympischen Spielen in Athen konnte man das gut beobachten. Auch in der Wirtschaft nutzen viele Firmen einen Blauton für ihre Logos, weil die Farbe Vertrauen erweckt und Freundschaft symbolisiert. Übrigens bezeichnen 38 Prozent der Deutschen Blau als ihre Lieblingsfarbe, bei Rot sind es nur 20 Prozent.
Welche Farbe ist denn für Sportler völlig ungeeignet?
In jedem Fall Schwarz. Schwarz steht für Schmutz, Tod, Bedrängnis und Leere. Schwarz ist auch eine sachliche und konservative Farbe, also für leidenschaftliche Sportler eher nicht geeignet.
Wie groß ist generell der Einfluss äußerer Reize auf das Leistungsvermögen von Sportlern?
Sport hat viel mit Rhythmus zu tun. Viele Sportler assoziieren deshalb ihre Leistung mit bestimmten Gerüchen, Farben und Geräuschen. Das hilft dabei, eine Leistung zu automatisieren. Viele Sportler müssen natürlich auch lernen, mit äußeren Reizen umzugehen, zum Beispiel mit dem Lärm im Stadion. Dann muss man trainieren, diese Reize komplett auszublenden. Andere Athleten wollen dagegen vom Publikum möglichst laut angefeuert werden. Jeder Sportler reagiert eben anders.
INTERVIEW: ALENA SCHRÖDER
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