der kommentar: Schuld ist immer die DDR
Fußballzweitligist Rot-Weiss Essen wollte vor dem Heimspiel gegen Energie Cottbus Fans das Tragen von DDR-Fahnen verbieten. Wie ostdeutsch!
2. Fußball-Bundesliga, 1. Spieltag: Rot-Weiss Essen verliert 1:5 gegen Erzgebirge Aue. Schuld war nicht das schlechte Spiel, sondern die DDR. Auch im nächsten Heimspiel – 3. Spieltag – war das Essener Spiel recht flüssig. Am mageren 0:0 gegen Aufsteiger Erfurt war wieder schuld: die DDR. Am Sonntag kommen nun schon wieder Ossis – Energie Cottbus. Logisch, dass Essens Verantwortliche handeln mussten. Ab sofort sei die DDR nebst ihrer Symbolik in Essens Stadion verboten. Begründung: Die vermehrten DDR-Symbole provozieren die West-Fans.
Man kennt das ja: Schlechte Stimmung bei den Fans überträgt sich auf den Spielfluss der Mannschaft. Und gerade Energie Cottbus hat das DDR-hafte „Wir kleiner, armer, wirtschaftsschwacher, aber sich nicht unter kriegen lassender“-Club-Image bis zur Penetranz kultiviert.
Schuld sind immer nur die anderen – Essens Präsident hat gestern wohl gemerkt, dass sich sein Klub so gebärdet, wie es den Ossis immer nachgesagt wird. Deshalb hob er das Verbot auf. Das wird einen interessanten Feldversuch nach sich ziehen: Waren es bislang nur ein paar Bekloppte, die mit DDR-Fahne ins Stadion zogen, wird der Cottbusser Fanblock diesmal ein Meer aus Hammer, Zirkel, Ehrenkranz. Gut für Deutschland ist das nicht, illustriert es doch, welche Macht die 15 Jahre tote DDR immer noch hat. Vielleicht sogar eine spielentscheidende. NICK REIMER
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