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Apollo im Sturzflug

In Siegen steht der Theater-Neubau auf der Kippe. Das Ministerium für Städtebau prüft die Förderfähigkeit des Projekts. Kritik an OB Stötzel

Das Apollo-Theater ist von Anfang an ein Kind der Sparkasse gewesen

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Eigentlich wollte Ulf Stötzel, Siegens amtierender CDU-Oberbürgermeister, sein Lieblingsprojekt längst durchgeboxt haben. Doch jetzt steht es auf der Kippe: Das NRW-Ministerium für Städtebau prüft momentan, ob ein Theater-Neubau in der Provinzstadt überhaupt förderfähig ist. Denn eigentlich sind die Mittel aus dem so genannten Stadtentwicklungs-Programm für Umbauten gedacht – und nicht dafür, neue Gemäuer hochzuziehen. Und das will Stötzel neuerdings.

Ursprünglich war alles anders geplant: Seit fünf Jahren will Stötzel im leer stehenden Apollo-Kino besagtes Theater herrichten. Allerdings kein Ensemble-Theater, wie es in anderen Städten der Region etabliert ist, sondern eine Spielstätte für Tournee-Produktionen, die bisher auf der maroden wie unattraktiven Stadtbühne gastieren. Dazu sollte das Kino umgebaut werden. Das geht aber nicht, da die Wasserdichtigkeit des alten Gebäudes und die Tragfähigkeit des Dachs seitens der Bauunternehmer angezweifelt wird.

So ist die Umwandlung zum Konzert- und Schauspielhaus bislang bloß ein Ansinnen geblieben. Kurz vor der Kommunalwahl musste sich Stötzel noch die harsche Kritik der Opposition gefallen lassen, die anprangerte, der Christdemokrat habe Vorgänge zum Umbau des historischen Anwesens verschwiegen. Konkret handelt es sich hier um einen Brief von Minister Michael Vesper (Grüne), der kritisiert, die Stadt habe ihn zu spät über die Neubau-Pläne unterrichtet. So sei der Bestand des bereits erteilten Bewilligungsbescheids in Frage gestellt.

Bis die Prüfung abgeschlossen ist, werde mindestens noch eine Woche verstreichen, sagte Vesper der taz. Von der Idee ist der Minister, der gleichzeitig auch für das Kulturressort verantwortlich zeichnet, aber angetan: „Ich sehe das positiv, weil ich als Kulturminister über jedes Theater froh sein kann, das entsteht“, sagt er. Außerdem zeige das große bürgerschaftliche Engagement, „dass Siegen das Theater will“. Das mag sein. Doch neben Befürwortern formierten sich immer auch Kritiker des Projekts. Deren Hauptanliegen, wie so oft: die Finanzen.

Einer, der das Theater immer abgelehnt hat, zumindest in dieser Form, ist der frühere Kulturdezernent Werner Rohr (Grüne). Der Lokalzeitung sagte Rohr, das Apollo sei „von Anfang an ein Kind der Sparkasse“ gewesen. Die residiert direkt neben dem Apollo und sähe es offenbar gerne, wenn ihr Umfeld durch ein Theater aufgewertet würde. Dabei wird dieser Teil der Stadt sowieso bevorzugt behandelt. Vor einigen Jahren wurden dort ein Einkaufzentrum und ein Multiplex aus dem Boden gestemmt. Und bald beginnt der Neubau des Sieg-Carés, eine Erweiterung des Sparkassen-Hauses, in dem noch mehr Platz für noch mehr Gastronomie und Einzelhandel geschaffen werden soll.

Doch braucht Siegen überhaupt eine neue Bühne? Ist der Bedarf da? Peter Vermeulen, Geschäftsführer der Firma Culturplan, die eine Studie zum Apollo-Projekt anfertigte, kommt zu einem klaren Schluss: Es bestehe „absoluter Bedarf an mittelgroßen Räumlichkeiten“, sagt er. Er glaube, Siegen solle sich das leisten. Schließlich gehe es auch darum, Zukunftsperspektiven zu schaffen. Dass die Kommune am Hungertuch nagt, lässt Vermeulen dabei außer Acht. Ob die Leute nachher ins Theater kommen, kann er nicht sagen. Bei der Stadt setzt man indes auf die Betriebsform: Das Tagesgeschäft soll später ein Theater-Verein tragen.

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