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Bücher hinterm Café

Im Streit um den von Gastronomie verbauten Eingangsbereich der neuen Stadtbibliothek am Wall droht nun ein Gerichtsverfahren

Bremen taz ■ Wenn morgen die Zentralbibliothek am Wall mit Fanfaren-Klängen (echt!) feierlich eröffnet wird, sollen zwei Millionen Besucher im Jahr in das ehemalige Polizeihaus am Wall strömen. Doch wer den einzigen Eingang zur neuen Stadtbibliothek sucht, dem stechen zunächst nur Tresen und Kaffeetischchen ins Auge.

„Die Stadtbibliothek ist so überhaupt nicht zu erkennen“, empört sich Bibliotheksleiterin Barbara Lison. Deshalb ist nun ein heftiger Streit zwischen den verschiedenen Mietern im neuen „Forum am Wall“ und der Firma Zechbau entbrannt, die das Gebäude im Auftrag einer privaten Immobiliengesellschaft renoviert hat. Der Streit um den Eingangsbereich endet nun möglicherweise vor Gericht, nachdem die Stadtbibliothek einen Rechtsanwalt beauftragt hat.

„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, sagt Lison. Zwar habe man durchaus gewusst, dass im Eingangsbereich auch Gastronomie angesiedelt sein würde. Doch die konkreten Details, sagt Lison, seien ihr zu keiner Zeit bekannt gewesen. „Über diese Pläne war wir mitnichten informiert“, erklärt auch Waltraud Körver vom Deutschen Tanzfilminstitut, das ebenfalls im ehemaligen Polizeihaus sitzt.

Die Mieter widersprechen damit Zechbau-Geschäftsführer Wolfram Voigt, der sich von der Reaktion der Stadtbibliothek „sehr überrascht“ zeigte. Die Vorwürfe seien völlig aus der Luft gegriffen, so Voigt. „Ich kann mir die Verärgerung nicht erklären, weil alle Mieter stets über die Pläne informiert gewesen sind“. Außerdem bliebe es der Bibliothek unbenommen, weitere Hinweisschilder an der Fassade anzubringen. Anlass für eine juristische Auseinandersetzung sehe er nicht, so Voigt, zumal Zechbau weder Eigentümer noch Pächter der Immobilie sei. Zudem habe der erfolgreiche Testbetrieb der Stadtbibliothek gezeigt, wie gut sie zu finden sei. Allein in den ersten vier Tagen, bestätigt Lison, hätten 4.000 BremerInnen den neuen Standort am Wall besucht.

Beim Bauressort, zuständig für die Genehmigung der Pläne der Firma Zechbau, weist man die Schuld für den verbauten Eingang der Stadtbibliothek von sich. „Wie groß das Café sein würde, war im Antragsverfahren irrelevant“, erklärte Holger Bruns, Pressesprecher des Bausenators.

Die SPD-Politikerin Carmen Emigholz, zugleich Sprecherin der Kulturdeputation, will zunächst die rechtliche Situation prüfen, bevor weitere Schritte in die Wege geleitet würden. Ende Oktober werde das Thema in den zuständigen Gremien diskutiert. Ebenso wie die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Karin Krusche, setzt Emigholz jedoch auf eine gütliche Einigung. Ihr schwebe eine pragmatische Lösung vor – mit zusätzlichen Hinweisschildern. Jan Zier

Ab 14 Uhr Eröffnung mit Programm

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