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Hilfe für No-Future-Kids

Die aktuellen Ausbildungsplatzzahlen sind katastrophal. Ein Modellprojekt im westfälischen Halle will Schülern den Weg in den Job ebnen

Hoffnungslose Jugendliche sollen über ihre Stärken erreicht werden

Aus Halle ROBERT B. FISHMAN

Irgendwann haben sie „keinen Bock mehr auf Schule“. Schlechte Noten, dann stören sie im Unterricht, Verwarnungen vom Lehrer und wenn ihnen der Ärger über den Kopf wächst, bleiben sie immer öfter weg, bis sie sitzen bleiben. Nicht nur Vladimir war es peinlich, mit lauter 14-Jährigen in der Klasse zu sitzen. Schließlich war er fast 17 in der achten Klasse einer Hauptschule. Zweite Ehrenrunde. „Ich habe nicht verstanden, wozu Schule gut sein soll“, erinnert sich sein Kumpel Andreas. Die beiden Jungs sind in Kasachstan und Tadschikistan geboren, kamen mit ihren Eltern als „Spätaussiedler“ nach Deutschland. Zuhause sprechen sie Russisch. Deutsch haben sie erst hier gelernt.

In der westfälischen Kleinstadt Halle (rund 20.000 Einwohner) kümmern sich seit 2001 so genannte Wegeplaner um die Jugendlichen, die es alleine nicht bis zur 10. Klasse schaffen: Detlef Jürgens und Susan Grüner, beide Sozialarbeiter, sprechen die Schüler an, fragen sie, was sie können und was ihnen Spaß macht. „Wir versuchen, die Jugendlichen über Ihre Stärken zu erreichen und nicht gleich zu fragen, welches Problem sie haben“, berichtet Jürgens. Mit seiner ruhigen Art kommt er gut an bei den Schülern. „Das ist ganz was anderes, als mit einem Lehrer zu reden“, sagt Andreas und Vladimir war froh, als einer ausschließlich ihm zuhörte. „Das wichtigste, was wir brauchen, ist Zeit, viel Zeit“, ergänzt Susan Grüner, die in allen Geschichten erst mal das Positive sucht.

Vladimir zum Beispiel wiederholte die achte Klasse zum zweiten Mal, lieferte nur schlechte Noten. Susan Grüner ging mit ihm den Fragebogen durch: bisherige Schullaufbahn, Interessen, Defizite. Sie fand heraus, dass der junge Mann gerne angelt und an Fahrrädern herumschraubt. „Da habe ich ihm ein Praktikum in einem Metallbaubetrieb vorgeschlagen“, erinnert sich die Sozialarbeiterin. Der Chef dort war von Vladimirs Geschick so begeistert, dass er ihm nach dem Praktikum eine Lehrstelle anbot, sogar ohne Schulabschluss.

Neben der Intensivbetreuung mit Fragebögen, Betriebsbesichtigungen, Praktikumsvermittlung, Gesprächen mit Eltern und Lehrern, Begleitung zu Arbeitsämtern und Beratungsstellen bieten die beiden Wegeplaner den Jugendlichen an drei Schulen eine Übergangsberatung an. Wichtige Hilfen, vor allem für Jugendliche, die von sich aus nicht in Beratungsstellen oder zur Berufsberatung des Arbeitsamts gehen. Dort werden, wie Susan Grüner berichtet, die Schülerinnen und Schüler oft im 20-Minuten-Takt abgefertigt.

Viele Schülerinnen und Schüler haben von der Berufswelt keine oder ganz falsche Vorstellungen. Anna wollte „irgendetwas mit Frisuren oder Kosmetik“ machen. Sie wusste aber nicht, wie man Bewerbungen schreibt oder sich nach Praktikumsplätzen erkundigt. Die Wegeplaner gingen mit ihr in Betriebe und vermittelten ihr schließlich ein Praktikum bei einem Friseur. Für die 16-Jährige war das genau das Richtige. Jetzt hat sie dort einen Ausbildungsplatz und damit einen überzeugenden Grund, den Hauptschulabschluss zu machen.

75 Jugendliche haben beim Wegeplaner-Projekt mitgemacht. Alle haben ihren Weg gefunden: Manche gehen weiter zur Schule, andere haben eine Lehrstelle, einen Platz im Berufsvorbereitungslehrgang oder eine andere Perspektive, die ihren Wünschen entspricht.

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