: Schöner Abschieben in Düsseldorf
Am Düsseldorfer Flughafen wacht ein „Abschiebungsbeobachter“ über die Einhaltung humanitärer Standards bei der „Durchsetzung der Ausreisepflicht“. Flüchtlingsgruppen kritisieren jedoch Defizite
AUS DÜSSELDORF ULLA JASPER
Metin Kaplan hat nochmal Glück gehabt – denn er wurde aus Düsseldorf abgeschoben und dort verläuft die „zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht“ humaner als in anderen Bundesländern und europäischen Nachbarstaaten. Das belegt der gestern vorgestellte Jahresbericht des Forums Flughafen in NRW (FFiNW), einem Zusammenschluss von Vertretern der Kirchen, Flüchtlings- und Menschenrechtsgruppen, des Bundesgrenzschutzes sowie der Abschiebebehörden des Landes.
Das vor vier Jahren gegründete Forum soll für mehr Transparenz bei der Durchführung von Abschiebungen sorgen und auf gravierende Missstände in der alltäglichen Abschiebepraxis hinweisen. Fälle wie im Jahr 1991, als ein Sudanese während der zwangsweisen „Rückschaffung“ in sein Heimatland starb, nachdem er von Bundesgrenzschützern misshandelt worden war, sollen auf diese Weise verhindert werden. Zwar sei jede Abschiebung ein Gewaltakt und ein dramatischer Eingriff in das Leben eines Menschen, so Jörn-Erik Gutheil, Flüchtlingsbeauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland. „Doch es geht darum, wie jemand human abgeschoben werden kann“.
Insbesondere die Einrichtung der bislang europaweit ersten Stelle eines Abschiebungsbeobachters, der am Flughafen Düsseldorf die Durchführung der rund 5.000 Abschiebungen pro Jahr überwacht, wird von allen Beteiligten gelobt: „Wir haben hier in Düsseldorf wertvolle Standards geschaffen, aber es wird in Zukunft darum gehen gehen, diese Standards auf andere Bundesländer und EU-Mitgliedsstaaten auszudehnen“, so Manfred Baum, Regierungsdirektor im Innenministerium. Gerade wenn es zu gemeinsamen Sammelabschiebungen mehrerer europäischer Länder komme, gebe es keine einheitlichen, verbindlichen Richtlinien, kritisiert auch der Abschiebungsbeobachter am Düsseldorfer Flughafen, Uli Sextro.
Doch die Flüchtlingsvertreter gehen mit ihrer Kritik noch weiter. Sie werfen den Behörden vor, dass der Gesundheitszustand der abzuschiebenden Personen nicht ausreichend geprüft werde. Untersucht werde allein die Flugtauglichkeit, nicht jedoch, ob der „Abschübling“ nach Ankunft in seinem Herkunftsland medizinisch versorgt werden kann und unter dortigen Bedingungen lebensfähig ist: „Als flugtauglich gilt heutzutage natürlich fast jeder“, kritisiert Sextro die Haltung der Behörden.
Während der Bundesgrenzschutz die Zusammenarbeit mit dem FFiNW lobt und betont, dass man „nahezu optimale Ablaufstrukturen“ entwickelt habe, räumt das Innenministerium ein, dass es immer noch Fälle gibt, in denen humanitäre Mindeststandards von den Behörden nicht eingehalten werden. Die Maxime der Landesregierung sei zwar „konsequente Rückführung, aber human“, so Baum. Doch es „klappt halt nicht immer hundertprozentig“.
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