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Der Zwang zur Notwendigkeit

betr.: „Die Bluffs der Arbeitsbehörde“ von Richard Rother, taz vom 6. 10. 04

Die Verwaltung der Arbeitslosigkeit ist selbst zum Arbeitsmarkt geworden. Unzählige „Beschäftigungsträger“ und „Personal Service-Agenturen“ leben von Zuschüssen des Staates (also der Steuerzahler), deren Daseinszweck einzig darin liegt, Arbeitslose aus der Arbeitslosenstatistik herauszuholen. Gesellschaftlich geleistet und wirtschaftlich gewonnen wird bei derlei Tätigkeiten selten etwas. Es handelt sich meistens um Beschäftigung um der Beschäftigung willen. Die Beschäftigungsträger stellen Arbeitslose zum Nachweis ihrer eigenen Existenzberechtigung ein.

[…] Das Kapital dieses Arbeitslosenmarktes ist die Existenzangst. Es ist politisch bedenklich, wenn eine Regierung diese Angst instrumentalisiert, um ihre Hilflosigkeit gegenüber der Logik des Marktes als Stärke zu verkaufen. Derzeit fällt dieser Regierung arbeitsmarktpolitisch aber nicht mehr als sinnloser Druck ein. Diese Scheinstärke erzeugt allerdings keine Arbeit, sondern nur ein Klima der Angst vor einer Arbeitsdiktatur.

Doch wehe, es wollte sich jemand dem entziehen. Dies würde als Arbeitsverweigerung gewertet, mit entsprechenden finanziellen Konsequenzen. Polemisch ausgedrückt geht es hier um eine moderne Form des Sklavenhandels. Der Arbeitslose ist Verfügungsmasse auf dem Verschiebebahnhof des virtuellen Arbeitsmarktes. Dass diese Praxis in den meisten Fällen nur eine gezielte Verschwendung von Steuergeldern ohne erkennbaren gesellschaftlichen Nutzen darstellt, darf selbstverständlich nicht ausgesprochen werden, man stellte sich sonst außerhalb des Systems. Entfielen alle Jobs, die es nur durch Inszenierung und Selbstbespiegelung gibt (Beschäftigung um der Beschäftigung willen, Moderatoren treffen Moderatoren), würde schnell erkennbar, dass es weit weniger zu tun gibt, als die notorischen Ärmelhochkrempler uns vorbeten. […]

SYLVESTER FRAUNDORF

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