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thierse gegen boulevardjournalismusOssi-Bär wird Brumm-Bär

Bundestagspräsident Thierse kritisiert Medien. Über Politik sollen nur noch schlaue Langweiler berichten

Wolfgang Thierse sieht die Tendenz zur Boulevardisierung der Medien als Gefahr für die Demokratie. Die Berichterstattung über Politik verkomme zu „Unterhaltung, die sich des Gegenstands der Politik bloß noch als Mittel bedient“, erklärte der Bundestagspräsident (SPD) gestern.

Was kann er damit bloß gemeint haben? Einen Boom boulevardesker Formate gibt es vor allem im TV. Gerhard Schröder hat ja gesagt, nur „Bild, Bild am Sonntag und Glotze“ seien wichtig. Auf das „und“ kommt es an. Mit RTL, Sat.1 und Konsorten gibt es endlich eine Konkurrenz auf dem Markt der Stimmungsmacher. Ein Fortschritt: Wenn Flut ist, kann man heute mit „Kanzler in Gummistiefeln“-Bildern Wahlen gewinnen – ob der Springer Verlag will oder nicht.

Erschwert der Boulevard-Boom tatsächlich den vernünftigen, politischen Diskurs? Im Gegenteil: Themen, die unsere Lebenswelt bestimmen, kommen manchmal erst über Bild, Explosiv usw. in die anderen Blätter. Für die massive Teuerung von Konsumgütern prägte Bild schon den Begriff „Teuro“, als die seriöse Konkurrenz das Phänomen noch leugnete.

Auch Thierses Annahme, seriöse Medien würden schleichend boulevardisieren, liegt ein Missverständnis zugrunde: Vielmehr ist es die Politik, die statt Inhalten nur noch gestylte Oberflächen anbietet. Deren Spiegelung sollte man nicht mit der guten, alten Vereinfachung verwechseln.

ROBIN ALEXANDER

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