piwik no script img

Radlers Idylle

Entlang der Schlaube – nicht weit von Berlin – herrscht Ruhe. Um das verwunschene Bachtal kennen zu lernen, sollte man Zeit im Gepäck haben

VON GUNDA SCHWANTJE

Ab und an tönt der lang gestreckte Ruf der Reiher über den See. Hoch in den Baumwipfeln hocken sie und sehen aus wie hingetuscht: schlanke weißgraue Zeichen auf Grün. Artgenossen staksen im Schilf. Als seien Reiher für das Vorführen von Gelassenheit zuständig.

Das geschäftige Berlin ist nicht fern. Hier jedoch herrscht Ruhe. Wer ausspannen und zur Ruhe kommen möchte, ist im Naturpark Schlaubetal gut aufgehoben. Unterwegs sein auf Sandwegen unter Buchen, Erlen und Kiefern an den Ufern naturbelassener Seen in einer rund geschliffenen Landschaft. Im Osten Brandenburgs. Eine Landschaft, die die Gletscher der letzten Eiszeit geformt haben. Südöstlich von Chossewitz entspringt die Schlaube und schlängelt sich bis Müllrose 20 Kilometer im Urstromtal (Ortsunkundige erforschen eine Landkarte westlich von Eisenhüttenstadt und östlich von Beeskow), fließt durch sumpfige Wiesen und Moore, lässt einen 30 Meter steilen Canyon hinter sich und ufert immer wieder aus in eine Seenkette, um schließlich in die Oder abzutauchen. Mit seiner Kraft hält der Bach die Wasserräder ehemaliger Mühlen in Schwung. Zwei Mühlen werden inzwischen als Gaststätten genutzt.

Die Endmoränenlandschaft erkundet man am besten zu Fuß oder mit dem Rad. Bequem entlang der Schlaube reist, wer mit dem Fahrrad von Neuzelle (bis dahin ist die Bundesbahn zuständig für den Transport) über den asphaltierten Radwanderweg bis knapp hinter Treppeln radelt. Ab dem Wirchensee geht es rechter Hand und rechts des Baches ufernah auf einem Waldweg nach Norden. An der Kieselwitzer Mühle wechseln auf die linke Uferseite. Nun den blauen Wegmarkierungen folgen bis Müllrose. In diesem Städtchen angekommen geht es weiter auf Asphalt. Entweder nach Frankfurt oder Pillgram, zum Bahnhof, und dort angelangt, hat man gut 80 Kilometer hinter sich gelassen. Wem es primär ums Radfahren auf solidem Pflaster respektive Schnelligkeit geht, bleibt am Wirchensee auf dem ausgeschilderten Radwanderweg, ist so in einer abwechslungsreichen Landschaft mit kleinen Dörfern, großen Feldern, viel Wald und Seen unterwegs, sieht aber von der Schlaube nichts.

Um das verwunschene Bachtal mit seinen Bruchwäldern und Orchideenwiesen kennen zu lernen, sollte man Zeit im Gepäck haben, in einem der kühlen Seen schwimmen, übernachten und Sterne zählen.Vielleicht zeigt sich dem Reisenden dann eine Smaragdeidechse oder ein Eisvogel, der vorbeischwirrt wie ein Tupfen Kobaltblau. Oder er trifft Sumpfschildkröten. Am Langen See, wo die Reiher wohnen, wähnt man sich vor lauter Grün und wegen der Stille ganz weit weg von städtischen Ballungsräumen. Doch Berlin-Mitte ist keine 100 Kilometer entfernt.

www.schlaubetal-online.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen