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I.G. Farben wird liquidiert

Ruhmloses Ende des berüchtigten Nazi-Konzerns: Die I.G. Farben in Abwicklung ist insolvent. Konzernkritiker: Banken sollen auf Schuldendienst zugunsten der Zwangsarbeiter verzichten

BERLIN taz/rtr/dpa ■ Seit Kriegsende wird sie schon abgewickelt, gestern wurde ein dennoch überraschendes Ende verkündet: Die I.G. Farben meldete Insolvenz an. Die „I.G. Farben in Abwicklung“ sei zahlungsunfähig, erklärten die Liquidatoren Otto Bernhardt und Volker Pollehn gestern in Frankfurt am Main.

Als Grund gaben die beiden an, der Immobilienkonzern WCM könne seine Schulden bei der I.G. Farben in Höhe von neun Millionen Euro nicht begleichen. Damit könne die I.G. Farben wiederum ihre Schulden bei Gläubigerbanken nicht bedienen. Vielleicht jedoch habe ein Konkursverwalter mehr Erfolg, das Geld bei WCM einzutreiben. Eine Fortsetzung der Abwicklung, die bis Ende 2004 angesetzt war, habe jedenfalls „keine seriöse Grundlage mehr“. Bei der WCM wusste man gestern von nichts. Zwar habe man angekündigt, 500 Wohnungen zu kaufen, aber nie einen derartigen Vertrag geschlossen – jedenfalls seien die Außenstände nicht so hoch wie von der I.G. Farben behauptet.

Die I.G. Farben i.A. hat zuletzt nur noch Immobilien verkauft. Sie ist als Nachfolgeunternehmen das Überbleibsel des ehemals größten Chemiekonzerns der Welt. Die I.G. Farbenindustrie AG, in der Weimarer Republik aus der Fusion von Bayer, BASF und Hoechst entstanden, hat wie kaum ein anderes Unternehmen vom Nationalsozialismus profitiert. Die I.G. Farben betrieb in Auschwitz-Monowitz ihr eigenes Konzentrationslager, die I.G.-Farben-Tochter Degesch produzierte Zyklon B, das Vernichtungsgas.

Die I.G.-Farben-Verantwortlichen wurden nach dem Krieg zwar vor Gericht gestellt, doch bis 1951 von den US-Besatzungsbehörden begnadigt. Die Alliierten zerschlugen den Konzern, aus dem im Westen zwölf Nachfolgefirmen entstanden, darunter BASF, Hüls, Bayer, Hoechst (heute Aventis) und Dynamit Nobel. Zugleich wurde die jetzt insolvente I.G. Farbenindustrie AG in Abwicklung gegründet.

Deren Hauptversammlungen waren alljährlich Schauplatz der Auseinandersetzungen von Anteilseignern, die Profite ausgezahlt bekommen wollten, und Konzernkritikern, die verlangten, dass die I.G. Farben sich der historischen Schuld stelle und sich an der Zwangsarbeiter-Entschädigung beteilige. 1999 gründeten die Liquidatoren Bernhardt und Pollehn zu diesem Zweck eine Stiftung, die allerdings bis heute an niemanden irgendetwas ausgezahlt hat.

Der Geschäftsführer der „Kritischen Aktionäre“, Henry Mathews, befürchtete gestern, dass nun die Zwangsarbeiter doch noch leer ausgingen, wenn beim Konkurs die Gläubigerbanken ausbezahlt würden. „Wir müssen moralischen Druck auf die Banken ausüben, dass sie auf das Geld verzichten“, erklärte Mathews der taz. UWI

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