FRIEDENSPROZESS IN SRI LANKA: REBELLEN SIND KEINE GESPRÄCHSPARTNER: Inselteilung ist unannehmbar
Der Waffenstillstand in Sri Lanka hat einundzwanzig Monate gehalten und ist immer noch in Kraft. Nach zwanzig Jahren Bürgerkrieg und über 64.000 Toten ist dies eine massive vertrauensbildende Maßnahme. Sie ist das Fundament, das die norwegischen Vermittler seit zwei Jahren zu festigen versuchen. Sie zeigt auch, dass die beiden ethnischen Gruppen, die Mehrheit der Singhalesen und die tamilische Minderheit, eine Ende der Gewalt suchen.
Doch seit einer Woche ist dies in Frage gestellt. Das Eingreifen der Staatspräsidentin – die drei Minister abgesetzt, den Ausnahmezustand ausgerufen und das Parlament suspendiert hat – wird von der (einer anderen Partei zugehörigen) Regierung als Dolchstoß empfunden, mit dem nationalistische Kräfte den Friedensprozess sabotieren wollen. Auch wenn dies mehr das tiefe gegenseitige Misstrauen als die Wahrheit spiegelt, lässt sich nicht leugnen, dass Frau Kumaratunga ihrer Sache – einem föderalisierten Staatswesen – einen Bärendienst erwiesen hat.
Die Tamil Tigers (LTTE) können sich über den Anblick der gegnerischen Szenerie freuen und sich als einzig zuverlässige Partei im Land brüsten. Doch Zweifel am Verhalten der Rebellengruppe sind erlaubt. Es war ihr Vorschlag einer radikalen sezessionistischen „Interim Self-Governing Authority“ im Norden und Osten des Landes, die in Colombo Panik auslöste. Schon wird behauptet, die Tigers hätten ihre Forderungen gerade deshalb so hoch geschraubt, um die Spannungen zwischen Präsident und Kabinett zu vergrößern. Nun könnten sie mit dem Finger auf den politisch zerrissenen Süden zeigen und daraus eine erhöhte Legitimität für ein unabhängiges Tamil Eelam ableiten.
Falls die Tamil Tigers diese Interpretation dem Westen verkaufen wollen, sollte dieses vergiftete Geschenk zurückgewiesen werden. Denn so sehr der Zwist im Regierungslager von persönlicher Ranküne geprägt sein mag, so zeigt er doch: Alle Parteien in Colombo sind sich darin einig, dass eine Teilung der kleinen Insel unannehmbar bleibt. Die EU und Norwegen, die in ihrer Sorge um den Frieden vor der Aufrüstung der LTTE bisweilen die Augen verschließen, sollten dies nicht vergessen. BERNARD IMHASLY
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