Schritt zum Frieden in Burundi

Burundis Hutu-Rebellen treten in die Regierung ein. Nach zehn Jahren Krieg scheint nun der Frieden in greifbarer Nähe. Aber am Rand der Hauptstadt wird weitergekämpft

Die Rebellen könnendafür sorgen, dass 2004 ein Hutu zum Präsidenten gewählt wird

BERLIN taz ■ In Burundi wird an diesem Wochenende ein entscheidender Schritt zum Frieden nach zehn Jahren Bürgerkrieg unternommen. Erstmals sollen Hutu-Rebellen, die seit 1993 die Tutsi-kommandierte Armee bekämpfen, in die Regierung eintreten. Zwei neue Kabinettsposten sollen eigens für Vertreter des CNDD (Nationalkomitee zur Verteidigung der Demokratie) geschaffen werden, des politischen Flügels der Rebellenbewegung FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie). Dieser Schritt folgt auf Abkommen, die am 8. Oktober und 2. November in Südafrika geschlossen und am vergangenen Wochenende bei einem Regionalgipfel in Tansania bestätigt wurden.

So scheint ein Ende des burundischen Krieges, der seit 1993 über 300.000 Tote gefordert hat, in greifbarer Nähe. Die CNDD-FDD war 1993 entstanden, nachdem Tutsi-Soldaten den ersten freigewählten Präsidenten Burundis, den Hutu Melchior Ndadaye getötet hatten. Sie rekrutierte sich aus Anhängern von Ndadayes Partei Frodebu (Front für Demokratie in Burundi), die Burundis letzte freie Wahlen im Juni 1993 gewonnen hatte.

Der 1996 per Militärputsch an die Macht gelangte Tutsi-Präsident Pierre Buyoya schloss zwar im August 2000 Frieden mit der Hutu-dominierten Frodebu; die Rebellen jedoch wollten davon nichts wissen. Gemäß diesem Friedensabkommen wurde im November 2001 eine Allparteienregierung eingesetzt, die zunächst von Buyoya als Präsident geführt wurde. Er gab im Mai 2003 vertragsgemäß die Macht an den Hutu Domitien Ndayizeye ab. Im November 2004 soll es freie Wahlen geben.

Solange die Hutu-Rebellen weiterkämpften, fand dieser Friedensprozess vor allem als institutionelles Geplänkel statt, immerhin flankiert von einer südafrikanischen Friedenstruppe. Es gab mehrere Teilabkommen mit Abspaltungen der Rebellen, die aber wirkungslos blieben, weil andere Hutu-Gruppen danach erst recht weiterkämpften und zugleich radikale Tutsi mit Putsch drohten.

Der Regierungseintritt der FDD, Ergebnis zähen diplomatischen Drucks vor allem aus Südafrika und Kongo, ist nun für Unterstützer und Gegner der Rebellen gleichermaßen eine Bestätigung. Den Rebellen winkt die Möglichkeit, aus dem Staatsapparat heraus ihre Kontrolle über zahlreiche ländliche Gebiete Burundis geltend zu machen und dafür zu sorgen, dass bei den Wahlen 2004 ein Hutu zum Präsidenten gewählt wird. Aus Sicht der burundischen Staatselite schwächt die Einbindung der FDD das Lager der Hutu-Gegner des Friedensprozesses. Die FDD hatte zuletzt rund 12.000 Mann unter Waffen. Die verbleibende Hutu-Rebellenbewegung FNL (Nationale Befreiungsfront), die den Frieden nun als letzte weiter boykottiert, hat nur etwa 2.000 Kämpfer.

Beim Regionalgipfel in Tansania am Sonntag erhielt die FNL eine Frist von drei Monaten, in Friedensgespräche einzutreten oder mit Sanktionen belegt zu werden. Die FNL geht auf jahrzehntealte Hutu-Untergrundgruppen zurück, ist inzwischen christlich-fundamentalistisch beeinflusst und fast ausschließlich in Außenvierteln der burundischen Hauptstadt Bujumbura aktiv – dort allerdings durchaus effektiv: Derzeit sind dort etwa 25.000 Menschen vor einer FNL-Offensive auf der Flucht. Um ein Einsickern der FNL ins Stadtzentrum zu verhindern, verbot die Stadtverwaltung von Bujumbura jüngst Fahrradtaxis in der City.

Die FDD tritt jetzt nicht nur in die Regierung ein, sondern ihre Kämpfer werden auch in die Armee aufgenommen. Dann allerdings müssen sie unter dem Kommando von Tutsi-Offizieren gegen ihre bisherigen Hutu-Verbündeten von der FNL kämpfen. Das wird die wahre Probe für den Erfolg des Friedensprozesses.

DOMINIC JOHNSON

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