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Auf Spurensuche

Literaturhaus-Reihe „transnationale“ fragt nach Wandel des Identitäts- und Kulturbegriffs in der Zeit der Migration

Identität neu zusammenzusetzen, sich weder an geographischen noch stilistischen, schon gar nicht an sprachlichen Festlegungen zu orientieren: Eine oft, aber nicht immer notgedrungene Praxis derer, die ihr Geburtsland verlassen haben. Eine Kombination aus Facetten des Vorgefundenen und des Mitgebrachten prägt sehr häufig die Literatur von Migranten. Und vielleicht ist die nicht geplante, sondern einfach passierende Durchdringung verschiedener Elemente die fruchtbarste Gegenbewegung zu ethnischen Abgrenzungsbestrebungen.

„transnationale“ heißt eine in dieser Woche beginnende bundesweite Reihe der Literaturhäuser, an der sich auch das Hamburger Literaturhaus beteiligt. Gary Shteyngart aus Leningrad, inzwischen ansässig in New York, eröffnet die Reihe – mit Auszügen aus seinem Handbuch für den russischen Debütanten, das grell die Monster des russischen Postsozialismus und des American Way of Life kontrastiert. Mehr Stationen liegen hinter der Kroatin Dubravka Ugresic, die über die USA und Berlin nach Amsterdam gelangte, sich weigert, „Identität“ zu definieren und Essaysammlungen wie Die Kultur der Lüge und Lesen verboten verfasste.

Und schließlich, in differenzierter Innensicht: der Tunesier Abdelwahab Meddeb, der sich über den desolaten Zustand dessen, was als „islamische Kultur“ wahrgenommen wird, erregt. Die arabische Welt solle sich die westliche Aufklärung zu eigen machen, fordert er – und sucht zugleich nach auffrischbaren Spuren jener Zeit, in der die arabische Zivilisation der westlichen überlegen war. Bühne des Flaneurs zwischen Zeiten und Kulturen: Paris, durch das der Protagonist seines Romans Aya spaziert. Die Reihe wird im Dezember fortgesetzt. PS

„transnationale 1“ (Gary Shteyngart, Dubravka Ugresic): morgen, 25.11., 20 Uhr. „transnationale 2“ (Abdelwahab Meddeb): Donnerstag, 27.11., 20 Uhr, Literaturhaus

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