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weinprobeWinterweine ohne Schwere

Das Bandol ist eine Weinregion in Südfrankreich, deren Tropfen noch relativ unbekannt bei uns sind. Dabei sind sie oft wahre Charakterköpfe. Verbinden geschmackliche Großzügigkeit mit Eigenart, biedern sich nicht an. Sie haben die gleißende Glut Südfrankreichs verinnerlicht. Genau der richtige Stoff also für die garstigen Monate, ein Partner für die Winterküche.

Libertine

Muscat, bei uns Muskateller genannt, gilt seit der Antike als eine der hochwertigsten Rebsorten der Welt. Sie wird selten, und wenn, dann nur in kleineren Mengen angebaut. Muscat ist von Mythen und Legenden umrankt. Immer wieder hört man von sagenhaften, goldenen und süßen Weinen, die jahrhundertelang altern können. In Standardwerken steht oft, die besten Muskateller seien Süßweine aus Südfrankreich. In den letzten Jahren wird die Sorte vor allem trocken ausgebaut, was ihr etwa in Südfrankreich ein kleines Revival beschert hat. Der Libertine ist ein gutes Ergebnis dieses erfreulichen Trends. Sein Duft verbindet Anmut mit Fülle. Ein betörender Strom von Aromen, an denen man lange schnuppern mag. Erinnert an die Knospen gelber Rosen und an frische Aprikosen, hinzu treten mineralische Töne. Diese Aromen spürt man auch im Mund. Zudem überrascht er ob seiner frischen, knochentrockenen Art. Das animiert und hat Schwung. 2003 Muscat sec, Weißwein trocken, Frankreich, Bandol, Domaine Grès Saint Paul Libertine, 7,90 € in der Weinhandlung Les Rouges du Midi, 10435 Berlin-Prenzlauer Berg, Knaackstr. 54, Tel. (0 30) 44 71 97 37, Mo.–Fr. 12 bis 20 Uhr, Sa. 10 bis 18 Uhr

Roter Bandol

Die Roten aus Südfrankreich liegen zwar im Trend, aber zunehmend ermüden sie wegen ihrer oft eindimensionalen Fruchtigkeit und des hohen Alkoholgehalts. Der kommt durch die Natur. Denn die Glut der Sonne lässt die Trauben richtig reif werden. Und dabei bilden sie viel Natursüße. Wird die dann bei der Gärung von den fleißigen Hefen aufgefressen, entsteht Alkohol. Und wenn ein Wein richtig trocken schmecken soll, müssen die Hefen gute Arbeit leisten. Das Ergebnis ist dann eben relativ viel Alkohol. Die Winzerkunst besteht dabei darin, den Wein trotzdem elegant geraten zu lassen, sodass er leichtfüßig und beschwingt über die Zunge gleitet. Denn Wein ist zum Trinken da, er soll uns inspirieren und seelisch wärmen, nicht aber ermüden. Dieser rote Bandol zeigt, dass ein Wein aus dem Süden Intensität mit Finesse verbinden kann. Sein Duft ist voll warmer Töne, die Weihnachtliche Gefühle aufkommen lassen. Dazu gesellen sich herbe Aromen wie das von Wildkräutern. Am Gaumen spürt man Muskeln, Saftigkeit und Wärme. Schmeckt charaktervoll und frisch, hat Biss. Flüssige Sonne – aber mit Charakter. 2003 Château des Baumelles, Rotwein trocken, Frankreich, Bandol, 10,30 €, Les Rouges du Midi (s. o.)

TILL DAVID EHRLICH

Der Autor ist degustationserfahrener Weinkritiker und -publizist, 2003 wurde er als bester deutscher Weinjournalist mit dem Prix de Champagne Lanson ausgezeichnet

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