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Anschaulich und stringent

Kristin Thompson erklärt morgen im Metropolis, wie sich die visuelle Kommunikation durch den Film entwickelt hat

Dass die Filmgeschichte an den Universitäten nicht gründlich erforscht würde, lässt sich nun wirklich nicht mehr behaupten. So gibt es an der Uni Hamburg das Forschungsprojekt „Kinoöffentlichkeit in Hamburg 1885-1932“. In diesem Rahmen findet von heute an die internationale Fachkonferenz Kinoöffentlichkeit: Entstehung, Etablierung und Differenzierung statt.

Dies wäre für den normalen Kinobegeisterten nun noch nicht von gesteigertem Interesse, gäbe es da nicht ein äußerst vielversprechendes Fenster zur Öffentlichkeit: Kristin Thompson, Professorin an der Universität von Madison, Wisconsin, wird einen Dia-Vortrag mit dem Titel The International Exploration of Cinematic Expressivity halten. Und wenn sie dabei ebenso anschaulich und stringent argumentiert wie in ihren zahlreichen Schriften, dann darf man sich darauf freuen.

Zusammen mit ihrem Ehemann David Bordwell ist Thompson die Begründerin der Neoformalistischen Filmanalyse – so auch der Untertitel ihres Standardwerks Breaking the Glass-Armor. Beider, von einem Rückgriff auf die Ideen der russischen Formalisten geprägter Ansatz brachte in den späten 70ern in Aufsätzen und dem immer wieder neu aufgelegten Film Art: an Introduction frischen Wind in die Filmwissenschaft, weil er eine Alternative zu marxistisch oder psychoanalytisch geprägten Ansätzen bot. Sie machen stattdessen Wahrnehmungspsychologie und Erzältheorie fruchtbar, um zu erklären wie der Zuschauer aus den Filmbildern und -tönen Sinn formt.

In Thompson Vortrag wird es um nichts weniger als ums Ganze gehen, will sie doch „das Entstehen der visuellen Kommunikation im Bewegtbild, die der stumme Film paradigmatisch als Vorreiter aller Formen dieser Kommunikation – sei es im Tonfilm, Fernsehen, Multimedia oder Computerspiel – entwickelte“, aufschlüsseln. Nur auf der Basis des Stummfilms sei es möglich gewesen, das sich die Filmwahrnehmung drastisch von den Strukturen der natürlichen Wahrnehmung entfernte. Nach dem mit zahlreichen film stills aus Filmbeispielen der 1910er Jahre argumentierenden Vortrag werden Victor Sjöströms Ingeborg Holm und Weiße Rosen von Urban Gad aus eben dieser Zeit gezeigt. Eckhard Haschen

morgen, Metropolis, 19 Uhr

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