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NEBENSACHEN AUS DELHI VON SASCHA ZASTIRALNeues vom Heiratsmarkt

Gewöhnlich suchen in Indien die Eltern den Mann aus. Doch emanzipatorische Formen gibt es auch

Heiratswillige indische Männer sind in ihrem eigenen Land plötzlich wieder gefragt. Das war bis vor kurzem noch ganz anders. Immer noch stehen in Indien arrangierte Ehen hoch im Kurs. Eltern suchen gewöhnlich die gängigen Tageszeitungen nach passenden Kandidaten ab. Die Heiratsanzeigen lesen sich oft wie Jobgesuche: „Gut aussehender, sportlicher Gujarati, 32, Hindu, Kaste soundso, MBA-Abschluss, Wohnsitz USA, jährliches Einkommen 200.000 Dollar, steigend, sucht hübsche, schlanke, hellhäutige Ehepartnerin. Foto Pflicht.“ Der Hinweis auf einen Wohnsitz in den USA, das Mekka der indischen Mittelschicht, galt lange Zeit als Garant für hunderte von Antwortschreiben interessierter Eltern. Doch aus und vorbei. Denn immer mehr Auslandsinder verlieren ihre Jobs im Westen und kehren geknickt nach Hause zurück. Das hat sich herumgesprochen: Der Traum vom Leben im amerikanischen Überfluss scheint seinen erotischen Reiz verloren zu haben. Wer möchte schon nach Long Island ziehen, um ein halbes Jahr später die Koffer zu packen und still und leise nach Indien zurückkehren, weil der Traumpartner arbeitslos geworden ist?

Das bekam auch Ajit Singh zu spüren. Der Investmentberater, der für eine Bank in Boston arbeitet, sollte Ende des Jahres seine Verlobte aus Indien heiraten. Die Hochzeitsvorbereitungen waren bereits in vollem Gange. Doch die Schwiegereltern bliesen die pompös geplante Vermählung kurzerhand ab. „Die Eltern des Mädchens sagten die Heirat ab, als sie davon hörten, dass Leute in den USA ihre Jobs verlieren“, erzählte Singh in der Zeitung. „Sie waren sich nicht länger sicher, ob ich meinen Job behalten würde.“

Auf dem indischen Heiratsmarkt entwickeln sich unterdessen ganz neue, geradezu emanzipatorische Formen der Partnerwahl. Eine der begehrtesten Single-Frauen des Landes will sich den Ehemann ganz alleine aussuchen, und zwar in einer Game-Show. Rakhi Sawant, Ende 20, Bollywood-Nebendarstellerin und schon heute eine Legende wegen ihrer vielen leicht bekleideten Tanzeinlagen, hat dafür eine eigene Sendung erhalten.

Das Casting für die Sendung „Rakhi Ka Swayamvar“, frei übersetzt „Rakhi wählt einen Mann aus“, ist bereits im Gange. 15 Kandidaten werden sich Woche für Woche immer neuen Herausforderungen stellen und damit Rakhi überzeugen, sie auszuwählen. In der letzten Folge soll dann ein Hindupriester den Gewinner mit dem Bollywood-Sternchen verheiraten – vor laufenden Kameras, versteht sich.

Der Mann ihrer Träume wird für Rakhi wohl unerreichbar bleiben. Es ist der Kongresspolitiker und Kandidat für das Amt des Premiers, der 38-jährige Rahul Gandhi. Nur wird der Nachfahre aus Indiens wichtigster Politdynastie eben nicht in ihrer Show auftreten.

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