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Machtpolitiker mit Saubermann-Image

Der ukrainische Sozialistenchef Oleksander Moros liebäugelt jetzt mit dem Posten des Premierministers

Die Verfassungsreform, die das ukrainische Parlament gestern dann doch überraschend schnell verabschiedete, wird Oleksander Moros für sich als Sieg verbuchen. Denn dafür kämpft der Chef der Sozialistischen Partei (SPU) schon seit Jahren. Wer sich im Frühjahr 2001, auf dem Höhepunkt der Proteste gegen Staatspräsident Leonid Kutschma, einen Interviewtermin bei dem heute 60-Jährigen erkämpft hatte, wurde nicht lange im Unklaren gelassen: Das System sei kriminell, sagte Moros, deshalb müsse es geändert werden. In seiner Lesart bedeutete das schon damals: den Präsidenten in seiner Macht zu beschneiden und eine parlamentarische Demokratie nach westlichem Muster einzuführen.

Die Protestwelle gegen seinen Erzfeind Kutschma hatte Moros selbst ausgelöst. Im November 2000 machte er illegale Tonbandmitschnitte eines ehemaligen persönlichen Leibwächters Kutschmas, Major Nikolai Melnichenko, öffentlich. Das Material, heimlich in Kutschmas Arbeitszimmer aufgenommen, belastete Kutschma schwer, in den bis heute nicht aufgeklärten Mord an dem regimekritischen Journalisten Georgi Gongadse verwickelt zu sein.

Das Image des Aufklärers und unkorrumpierbaren Saubermannes kultiviert Moros, dem im auf Russisch geführten Gespräch häufig ukrainische Wörter dazwischenrutschen, gerne. Doch das „neue Gesicht der Macht“, das er auch dem jetzigen Oppositionsführer Wiktor Juschtschenko abspricht, ist auch er nicht. Im Gegenteil: Moros hat eine klassische Parteikaderkarriere durchlaufen.

1944 in dem Dorf Buda südlich von Kiew geboren, arbeitete sich der gelernte Maschinenbauingenieur und Absolvent der Parteischule des ZK der Kommunistischen Partei der Ukraine Stück für Stück in der Nomenklatura-Hierarchie nach oben. Im Parlament der Ukraine kam er als Abgeordneter bereits 1990 an und damit ein Jahr vor der Unabhängigkeit des Landes. In der Werchowna Rada hat er seitdem ein Dauerabonnement – als Vorsitzender der Sozialistischen Partei, die er 1991 mit begründete. Von 1994 bis 1998 amtierte er überdies noch als Parlamentspräsident.

Doch Moros wollte immer höher hinaus – bislang ohne Erfolg. Dreimal in Folge trat er bei Präsidentenwahlen an, verpasste jedoch jedes Mal als Drittplatzierter den Einzug in die Stichwahl. Auch an seiner Oppositionsrolle, die er stets vorgibt zu spielen, scheiden sich die Geister. So stimmten seine Abgeordneten in dieser Legislaturperiode mehr als einmal mit den Fraktionen des Regierungslagers.

Auch in der aktuellen Krise scherte Moros wieder mal als Erster aus. Er stellte sich sofort hinter die Forderung Kutschmas, das Parlament über eine Wahlrechtsänderung im Paket mit einer Verfassungsreform abstimmen zu lassen. Jetzt liebäugelt Moros offensichtlich mit dem Posten des Regierungschefs. Ob sich seine Hoffnungen erfüllen, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. BARBARA OERTEL

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