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Pfarrer mutieren zu armen Kirchenmäusen

Nach Köln und Aachen hat nun auch das Bistum Münster konkrete Sparpläne vorgelegt. Wegen sinkender Kirchensteuern wollen die Bistümer in NRW massiv Stellen abbauen. In Aachen sparen Pfarrer beim eigenen Gehalt

DÜSSELDORF dpa/taz ■ Die angekündigten Stelleneinsparungen bei den Kirchen in Nordrhein-Westfalen nehmen konkrete Formen an: Das Bistum Münster will bis Ende 2005 38 der 441 Planstellen der Diözesanverwaltung streichen. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht auszuschließen, sagte Generalvikar Norbert Kleyboldt gestern in Münster. Bis Ende 2004 würden 17 Stellen abgebaut.

Durch den Rückgang der Kirchensteuern um elf Prozent in den ersten drei Quartalen werde der Haushalt des Bistums für das Jahr 2005 um 28,4 auf 347,5 Millionen Euro sinken. Grund für die sinkenden Kirchensteuereinnahmen, die an die Lohn- und Einkommenssteuer gekoppelt sind, seien die Steuerreform, die schwache Konjunktur und die demographische Entwicklung, so der Finanzchef des Bistums, Josef Alfers.

Aufgrund der sinkenden Kindergärtenzuschüsse und des Rückgangs der katholischen Kinder will das Bistum bis 2006 7.000 Plätze abbauen. Rund 600 Stellen seien davon betroffen. In vielen Fällen wollten die Kommunen nach Aussagen des Bistums die Kindergärten übernehmen.

Das Erzbistum Köln will in seiner Verwaltung 350 Stellen abbauen, Aachen plant, 370 Stellen zu streichen. Die Bistümer Paderborn und Essen haben noch keine konkreten Zahlen vorgelegt, kündigen jedoch massiven Stellenabbau an. Auch die beiden evangelischen Kirchen im Land sehen sich gezwungen, Kindergartenplätze und Personal einzusparen. Um die Kirche vor einem weiteren Abbau zu bewahren, wollen die Aachener Priester dem finanziell angeschlagenen Bistum beim Sparen helfen: In den nächsten drei Jahren verzichten sie auf 2,3 Millionen Euro und damit auf zehn Prozent der Personalkosten. Dieser ungewöhnliche Schritt werde als Zeichen für die rund 10.000 Beschäftigten auch in den Pfarrgemeinden gewertet, sagte ein Bistumssprecher gestern. Die Pläne des Bistums, 17 Prozent der Löhne und Gehälter vorübergehend zu senken, waren scharf kritisiert worden.

Bis 2008 soll der Aachener Haushalt von 396 Millionen Euro um knapp 18 Prozent gekürzt werden. Mit der neuen Verzichtserklärung seien die Priester erneut zu Abstrichen bereit. Im Zuge der Sparmaßnahmen hätten sie bereits auf zehn Prozent der ihnen zustehenden Gehälter und auf 50 Prozent des Weihnachtsgeldes verzichtet. Mit dem Verzicht sollen die Jahre bis zur Umsetzung eines Konsolidierungsplans im Jahr 2008 überbrückt werden.

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