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Kolumbiens Präsident will plötzlich reden

Kommission soll mit den Rebellen der Farc-Guerilla ein Abkommen für einen Gefangenenaustausch aushandeln

BUENOS AIRES taz ■ Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe will verhandeln. Am vergangenen Wochenende verkündete der Hardliner überraschend, er habe die Bildung einer Kommission angeordnet, die mit der Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) ein humanitäres Abkommen für einen Gefangenenaustausch aushandeln soll. Dies teilte Uribe in einer Presseerklärung mit. Uribe hat demnach den ehemaligen Präsidenten der Liberalen Partei, Alfonso López, und die Katholische Kirche in die Verhandlungskommission berufen. Zuvor hatte Uribe ein solches Abkommen vehement abgelehnt.

Die Farc haben über 23 Politiker und zahlreiche Militärs in ihrer Hand und fordern schon seit geraumer Zeit, sie gegen inhaftierte Guerilleros auszutauschen. Unter den Geiseln befindet sich auch die ehemalige Präsidentschaftskandidatin der Grünen Partei, Ingrid Betancourt, die bereits seit 22 Monaten Gefangene der Guerilla ist. Andere Geiseln werden von den Farc schon seit bald fünf Jahren festgehalten.

Anfang Dezember hatten Angehörige der Guerilla-Geiseln die Kathedrale in Bogotá besetzt, um Druck auf Uribe auszuüben, wenigstens mit der Guerilla Gespräche aufzunehmen. Daraufhin versicherte Uribe, das Gespräch mit den Farc zu suchen.

Mit dem Verweis auf die „Politik der demokratischen Sicherheit“ wischte Uribe in der Vergangenheit jede Forderung nach Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch vom Tisch. Stattdessen baute er darauf, die Farc militärisch niederzustrecken und die Geiseln mit spektakulären Aktionen freizukämpfen. Doch mehrfach wurden die zu Befreienden dabei getötet oder verletzt, was Uribe den Zorn der Angehörigen eintrug.

Aber auch jetzt besteht zu übertriebener Hoffnung seitens der Angehörigen wenig Anlass. Das von Uribe erteilte Verhandlungsmandat bleibt beschränkt. So besteht der Präsident nach wie vor darauf, dass die Guerilla alle Geiseln freilässt.

Neben den Politikern und Militärs, die von den Farc als Faustpfand für einen Austausch festgehalten werden, sind unzählige weitere Kolombianer in der Hand der Rebellen, für die ein Lösegeld erpresst werden soll. Auch besteht Uribe darauf, dass die freigelassenen Guerilleros sich nicht wieder in die Reihen der Rebellen eingliedern, sondern ein Leben als Zivilisten in der Legalität führen. Weiter darf die Verhandlungsdelegation kein Abkommen unterzeichnen, das dem Geist von Uribes Sicherheitsdoktrin widerspreche.

Trotzdem zeigte sich der Regierungsunterhändler und ehemalige Präsident López optimistisch, dass es zwischen der Regierung und den Rebellen zu einer Einigung kommen werde. Er gestand aber auch ein, „dass dies nicht einfach werden und auch nicht von heute auf morgen funktionieren wird“. INGO MALCHER

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