HENNING BLEYL ÜBER „FINAL FICTION“: Tu felix Oldenburg
Die Zeiten, in denen das Oldenburger Publikum die Weser queren musste um avanciertes Tanztheater zu erleben, sind definitiv vorbei. Nach reichlich Ballett à la Residenzstädtchen, Mischkost von der Compagnie „MS Schrittmacher“ und dem Aus der eigenen Tanzsparte 2006/07 ist das Staatstheater jetzt bewegungsästhetisch derart gut aufgestellt, dass man als Bremer nur sagen kann: Hut ab, Augen auf.
Zum Beispiel angesichts von Jan Puschs „Final Fiction“, dessen hiesige Staffel im Schauspielhaus Premiere hatte. Lange Tische dienen als Schlitterflächen und Turngerät, kunstvolles Möbelpacken kreiert Aufbahrungs-Situationen und WG-Wohnzimmer. Die Arbeit über letzte Wünsche ist verspielt, präzise, elegant, akrobatisch, kraftvoll – und durch harte Schnitte in der treibenden, Trip-Hop-geschwängerten Komposition spannungsreich genug montiert, um das Publikum immer wieder rechtzeitig aus zurückgelehnten Genusshaltungen zu reißen.
Pusch interessiert am Tod sowohl „die Unkrontrollierbarkeit des Augenblicks“ als auch die Frage, „was die Nachwelt wohl mit dem Bild anstellt, das man von sich selbst hat“. Das führt zu Beerdigungsreden, burlesken biografischen Bilanzen – und zu einer Qualität in der Durchdringung von Sprache und Bewegung, die man so in Bremen mit Urs Dietrich nicht kennt.
Pusch ist als „Choreographer in Residence“ neben den Oldenburger Produktionen zuständig für eine der beiden jährlichen Gemeinschaftsarbeiten der Compagnie „Nordwest“ – der, so die offizielle Definition, „langfristig angelegten Kooperation der selbständigen Tanzsparten“. Neben dem ökonomischen Kalkül erweist sich damit das inhaltliche Konzept dieser zunächst seltsamen anmutenden Zwitterkonstruktion, die auf eine Initiative des Oldenburger Intendanten Markus Müller zurückgeht, als tragfähig. Doch innerhalb der nun eheähnlich etablierten „Nordwest“-Gemeinschaft haben die Oldenburger, wer hätte das anfangs vermutet, die Nase um einige Fußbreiten vorn.
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