Rädelsführer mit Perücke

ANTIRA-CAMP Performer einer Kunstaktion gegen Gentrifizierung wegen Widerstands vorm Amtsgericht

„Kunst braucht keinen Anmelder oder Leiter“

RECHTSANWALT MARC MEYER

Es war am 20. August vorigen Jahres: Im Rahmen des antirassistischen Camps fand ein Stadtteilspaziergang durch St. Pauli statt, deklariert als Finissage des „Landgangs durch die Sonderrechtszone“. An markanten Orten wurden die TeilnehmerInnen einbezogen. Nur wie die Polizei den Rundgang am Spielbudenplatz beendete, war nicht Teil der Performance. Nun steht Martin Re., Performer der Gruppe „Es regnet Kaviar“, wegen Widerstands vorm Amtsgericht.

„Es war alles total ruhig und friedlich“, erinnert sich Polizist Martin R.. Dennoch hatte er den Befehl erhalten, die Personalien von Martin Re., der eine auffällige Perücke getragen habe, wegen der Leitung einer unangemeldeten Versammlung aufzunehmen. „Grundsätzlich geht man davon aus, dass Maßnahmen, die angeordnet werden, rechtmäßig sind“, sagt sein Kollege Tobias O. Und da der junge Mann habe flüchten wollen, hätten beide ihn verfolgt und zu Boden geworfen. Dort soll er sich der Maßnahme widersetzt haben.

Für seinen Verteidiger Marc Meyer fehlt jedoch dem ganzen Einsatz die Rechtsgrundlage. „Kunst braucht keinen Anmelder oder Leiter“, meint er. Zudem war der Marsch des Aktionsnetzwerks gegen Gentrifizierung drei Stunden unbehelligt von der Polizei begleitet durchs Viertel gezogen „und nicht als Versammlung behandelt“ worden, so Meyer. Davon möchte Meyer die Amtsrichterin Catrin Knuth am nächsten Verhandlungstag durch einen Videofilm von der Kunstaktion überzeugen.

Die Polizeiaktion mit diversen Opfern hatte damals für Aufsehen gesorgt, die Staatsanwaltschaft ermittelt noch gegen zwei Polizisten wegen Körperverletzung im Amt. KAI VON APPEN