: Sie sind jung und haben Schwung
ATHEISTEN Die Bremer Atheisten- und Freidenker-Union vermisst die Trennung von Kirche und Staat und veranstaltet einen Spaß für Nichtgläubige – mit Bildungsanteilen
VON ANDREAS SCHNELL
Sogar das ZDF hatte um ein Interview gebeten. Offenbar bedarf es lediglich eines bisschen Spaßes, um in Nachbarschaft des Kirchentags für Aufsehen zu sorgen. Zumindest, wenn es ein Heidenspaß ist.
Die im April 2008 gegründete Bremer Atheisten- und Freidenker-Union (BAFU) fand sich anlässlich des Tanzverbots zum letztjährigen Karfreitag zusammen und trat zum umstrittenen „Christival“ mit Boykottaufrufen und Plakaten („Missionierung unerwünscht!“) an die Öffentlichkeit. „Uns geht es vor allem um den kulturellen und politischen Einfluss der Kirchen, den wir für bedenklich halten“, erklärt Andreas Beyer, Vorsitzender der BAFU. Der Kirchentag sei da ein gutes Beispiel. Hier werde eine Veranstaltung mit Geldern gefördert, die auch Nichtgläubige zahlten, nämlich Steuergelder. „Es gibt offiziell eine Trennung von Kirche und Staat, die in Deutschland ohnehin schon hinkt. In Bremen schießt man jetzt einem Hinkenden geradezu die Kniescheibe weg.“
Damit nicht ganz Bremen zu Kreuze kriechen muss, hat die BAFU ein Alternativprogramm gestrickt. Als Zugpferd konnten „Extrabreit“ gewonnen werden, die zwar nicht unbedingt als explizit religionskritische Band bekannt sind, aber, wie Andreas Beyer weiß, immerhin schon eine deutschsprachige Version des Disco-Klassikers „Y. M. C. A.“ aufnahmen, die mit launigen Zeilen wie „Wir helfen Alten und Kranken über Eisenbahnschranken / Wir sind jung und haben Schwung“ den Geist christlicher Jugendverbände verspottet.
Weitere Beiträge zum Heidenspaß kommen von „Rolando Random & The Young Soul Rebels“, „Sixxxten“ und „Dogs On Catwalk“. Neben einer Lesung mit Helge Nyncke, Autor des religionskritischen Kinderbuchs „Wo bitte geht’s zu Gott?, fragte das kleine Ferkel“ (15 Uhr), referiert ab 16.30 Uhr der Politologe Dr. Carsten Frerk zur Frage „Hängt die Kirche immer noch am Tropf des Staates?“ Der Spaß beginnt bereits um 14 Uhr mit einer Kinder-Party, auf der die Band „Minne & Die Minnies“ spielt, die Erwachsenen dürfen sich nach dem Konzert noch auf eine lange Nacht bei einer Party mit dem verruchten Namen „Sinner! Sinner!“ vergnügen – Eingeweihte ahnen, dass es sich dabei um eine Sonderausgabe der Party-Reihe „Danger! Danger!“ handelt.
Samstag, 14 Uhr, Schlachthof
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