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Betr.: Götz Aly

Götz Aly war immer ein Außenseiter in der deutschen Geschichtswissenschaft. Der heute 57-jährige gelernte Journalist und Historiker bildete in den 80er-Jahren gemeinsam mit Susanne Heim und Karl Heinz Roth eine privat finanzierte Forschungsgruppe und publizierte jenseits des universitären Betriebs bahnbrechende Studien zum Regime des Nationalsozialismus. Daneben arbeitet er als Redakteur in der taz, später in der Berliner Zeitung.

Im März erscheint Götz Alys neues Buch: „Hitlers Volksstaat – Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus“ im S. Fischer Verlag. Darin stellt der Historiker Forschungsergebnisse dar, die gängigen Vorstellungen über das Dritte Reich widersprechen. Vor allem die einfachen Volksgenossen haben sozial von Hitlers Herrschaft und seinen Kriegen profitiert. Der Nationalsozialismus war ein „Umverteilungsstaat par excellence“.

Schon 1991 legte sich Aly mit seiner eigenen Zunft an: Er publizierte gemeinsam mit Susanne Heim das Buch „Vordenker der Vernichtung“ über den Beitrag namhafter deutscher Historiker an der Planung der Vertreibung und Vernichtung der Juden in Polen. Seine Forschung über das Verhalten von Theodor Schieder und Werner Conze im Nationalsozialismus wurde lange ignoriert, auch weil die beiden Doyens der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft von vielen Historikern als Vaterfiguren verehrt wurden. Erst 1998 erhielt Aly auf dem 42. Deutschen Historikertag Anerkennung für seine These, die Geschichtswissenschaft müsse sich auch mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinander setzen.

Aly verficht die These, die nationalsozialistische Vernichtungspolitik sei weniger mit irrationalen, rassistischen Ressentiments als mit einer „gnadenlos instrumentalisierten Vernunft“ zu erklären. In den Büchern „Macht, Geist, Wahn“ und „Rasse und Klasse“ hat er sich mit den Kontinuitäten von Karrieren nach dem Nationalsozialismus beschäftigt. Aly ist zur Zeit Gastprofessor für interdisziplinäre Holocaustforschung am Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt am Main. Er hat vier erwachsene Kinder und lebt in Berlin. R. A.

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