modestadt berlin: Verbrennt die Trainingsjacken!
Seit Thilo Sarrazins denkwürdigem Einstand wissen wir, dass Berlin nicht viel Glück hat mit der Mode: Überall Trainingsanzüge, dazu aus dem Munde stinkende Beamte wollte der Finanzsenator entdeckt haben. Man fragte sich schon, in welchen Kreisen er sich bewegt. Aber hatte er nicht Recht, der Mann des offenen Wortes, der Studis später auch mal als „Arschlöcher“ bezeichnete?
KOMMENTAR VON PHILIPP GESSLER
Ja, Sarrazin hat Recht. Und dass am Wochenende gleich sieben Modemessen mit Namen wie bread and butter and milk and honey eröffnen, sollte uns zu denken geben – etwa an Frühstückskleckereien mit Brot, Butter, Honig und Milch auf Trainingsanzügen mit üblem Mundgeruch, aber das nur nebenbei. Nein, sieben Modemessen zeigen: Berlin hat es nötig! Lagerfeld klagte neulich zu Recht, er sehe in unserer angeblichen trendy Modestadt „nichts“ außer „Leuten, die da weggehen, die sagen, da ist nichts los“.
Gott sei Dank ist die Zeit vorbei, da man überall arschlöchige Studis mit Mundgeruch in Trainingsjacke mit „Berlin“-Aufdruck sah. Die waren schon in den 70ern bei Papa nach dem „Waldlauf“ eine ästhetische Zumutung, aber Berlin lernt eben nur langsam.
Und es wird noch schlimmer: Berlin verzichtet – angeblich aus Finanzgründen – auf schicke blaue Polizeiuniformen und bleibt bei seinen speckigen, schwitzig-synthetischen, popelgrünen 70er-Jahre-Bullen-Umhüllungen. Wenn man die blauen wenigstens abgelehnt hätte, weil sie ein längst aus der Mode gekommener Ronald Schill erstmals einführte! Einzige modische Neuerung: Islamistinnen im Staatsdienst müssen nun ihre Kopftücher verbrennen. Das wurde auch Zeit. In Prenzlauer Berg begannen die geblümten Tücher schon hip zu werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen