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Waller als Lesumer Inspirationsquelle

Von der Côte d’Azur zurück nach Bremen: Jürgen Waller, Meister der Monochromie und früherer Rektor der Bremer Hochschule für Künste, möchte die Villa Lesmona zu einer richtigen Kunstakademie entwickeln – mit Bachelor- und Masterabschluss

Bremen taz ■ Die Villa Lesmona, idyllisch in Knoops Park in Lesum gelegen, literarisch berühmt durch den „Sommer in Lesmona“ und entsprechend verfilmt und befestspielt, könnte Nukleus einer privaten Kunsthochschule werden. Motor des Unternehmens ist Jürgen Waller.

Schon im Oktober 2002, als Waller noch Professor an der Bremer Hochschule für Künste (HfK) war, hatte er in Valauris/Côte d’Azur die „International Academy of Arts“ (IAA) gegründet. Das dortige Angebot: Mappen- und Meisterkurse, also die Arbeiten vor und nach dem regulären Studium. Nun aber möchte Waller die IAA als grundständige Ausbildungsstätte mit Bachelor- und Masterabschlüssen anerkennen lassen. Ab diesem Sommer gibt es auch eine Außenstelle im polnischen Dolgie.

Das Programm: „Freie Kunst“ und Design mit Angeboten in Malerei, Zeichnen, Skulptur, Fotografie und Video. Wegen der laufenden Verhandlungen mit den Bildungsbehörden möchte sich Waller zu Details und Finanzierungsfragen derzeit nicht äußern. Klar ist: Waller, der sich als HfK-Rektor stets gegen Studiengebühren aussprach, kann als künftiger IAA-Geschäftsführer nicht ohne sie auskommen. „Intensiv- und Meisterkurse“ kosten laut Internet wöchentlich etwa 250, ein komplettes Semester 5.000 Euro.

Unklar scheint insbesondere, wie der über die kleine klassizistische Villa hinausgehende Platzbedarf kostengünstig gedeckt werden kann. Zwar stehen die Räume von Birgit Waller zur Verfügung – sie nutzt die Villa seit 1986 für ambitionierte Ausstellungen – und die alten Liegehallen des Außenbereichs sollen zu Ateliers und „Rechnerlabors“ umgebaut werden. Alles weitere wird noch mit dem Senat verhandelt. Deswegen startet die IAA im März zunächst mit nicht-universitären Weiterbildungsangeboten.

Wallers inhaltlicher Ansatz: „Wir gehen weit über den alleinkünstlerischen Anspruch hinaus“. Laut Homepage sollen „Künstler, Gestalter, Komponisten und Informatiker“ mit fünfjährigen Verträgen ans Haus gebunden werden, aber auch Lehrbeauftragte aus der Wirtschaft hat Waller offenbar im Blick: Die Praxisnähe der IAA solle den Absolventen jedenfalls zu „Kreativposten in der Industrie“ verhelfen. Waller: „Ich will nicht noch mehr jammernde Künstler in die Welt setzen.“

Im Internetauftritt der IAA klingt das so: „Durch eine enge Zusammenarbeit mit Kunsthochschulen und die langjährige Erfahrung, weiß er [Waller] um die Schwachstellen an großen Universitäten und nutzt diese zum eigenen Vorteil“. Was sagt die HfK zu der sich derart profilierenden Konkurrenz? Peter Rautmann, Wallers Nachfolger als Rektor der Hochschule, ist „sehr gelassen“. Von einem „richtigen Studium“ seien die ihm bekannten Planungen noch „weit entfernt“, im übrigen verfüge sein Haus ebenfalls über internationale Kooperationen, Praxisnähe und moderne Strukturen. In der Tat ist der Fachbereich „Digitale Medien“ bereits auf den Bachelor- und Masterabschluss umgestellt, den Vorgaben der EU-Bildungsminister zufolge müssen die meisten anderen Bereiche innerhalb der kommenden fünf Jahre nachziehen.

Waller will schneller sein – warum tut sich jemand nach seiner Emeritierung einen solchen Stress noch an? Weil Waller Waller ist: Ein Mann, der sich durch sein gern zitiertes Brücken-Diktum („nur wer schon mal unter einer Brücke geschlafen hat, kann ein richtiger Künstler sein“) ebenso kennzeichnet wie durch die Lust an Limousinen. Er selbst sagt schlicht: „Ich schlafe nicht viel.“ Und die übrige Zeit müsse genutzt werden. Henning Bleyl

Der vorläufige IAA-Lehrkörper stellt sich mit einer Ausstellung in der Villa Lesmona (Am Kapellenberg 5) der Öffentlichkeit vor. Eröffnung ist am Sonntag um 17 Uhr

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