: Störfelder der Liebe
DAS GEHEIME TAGEBUCH DER CARLA BRUNI Heute: Wünschel-Heini und Clearing-Mann suchen und finden warme Stellen
Mon cher journal intime …
Dienstag, 26. 05 2009
Ich war heute noch mal in dem Geschäft mit den vielen bunten Sachen, „La Pyramide“. Auch wenn es etwas albern aussieht, wenn Nici am Frühstückstisch ein Bändchen aus jedem Ohr hängt, so scheinen die Ohr-Oliven doch zu helfen. Er muss schon viel weniger aufstoßen. Ich habe mir jetzt ein tolles Buch besorgt. Das heißt „Nie wieder unsichtbar“ und hilft, sich selbst ins beste Licht zu rücken, sich gegenüber Konkurrenten durch ein „eindrucksvolles Auftreten zu positionieren“ und eine „sympathische Art“ zu entwickeln, „über die eigenen Erfolge zu sprechen“. Natürlich habe ich mich erkundigt, ob das Buch auch funktioniert. So ganz überzeugen konnte der Mann, er heißt Jürgen, ein Deutscher, nicht. Er hat gesagt, dass man zunächst einmal die Störfelder aus seinem Umfeld verbannen müsse, um überhaupt Kontakt mit den Kräften des Universums und dann mit sich selbst aufnehmen zu können. Er hat mir einen Freund von sich empfohlen, einen Wünschelrutengänger. Der kommt morgen und wünschelt aus, wo in meinem Haus Störquellen sind: Wasseradern, Uranvorkommen, warme Stellen, Steckdosen und so ’n Zeugs. Dann kommt jemand, der macht ein Clearing. Danach sollte ich meine innere Stimme besser empfangen können. Das Tollste aber ist: Nächste Woche ist der Meister in Paris, Ans Anke, ein spiritueller Guru, und spricht zum Thema „Finde dich, bevor andere es tun“. Da geh ich hin! Auf jeden Fall!
Mittwoch, 27. 05. 2009
Der Wünschel-Heini war da und der Clearing-Mann auch. Sehr schnuckeliges Kerlchen. Der Clearing-Mann. Die Situation war sofort klar zwischen uns. Aber ich will ja enthaltsam sein. Ein Momentchen noch. Ich kann meine innere Stimme jetzt auch viel besser hören. Die Goldbarren im blauen Salon haben den Empfang blockiert. Die sind jetzt im Garten. Das Dumme ist, ich verstehe die Stimme so schlecht. Von der Lautstärke her ist alles okay, aber es klingt so wirr.
Donnerstag, 28. 05. 2009
Wir haben Il Castello verkauft. Endlich sind wir das alte Spukschloss los. War ja nicht so leicht, sich zu einigen. Maman hätte gern ein Tierheim darin untergebracht, und meine ehemals marode Schwester meinte, eine Filmakademie wäre das Beste. Ich war ja immer dafür, ein Museum aus dem alten Kasten zu machen, das unsere Familienchronik ausstellt. Das wäre doch ein tolles Ausflugsziel gewesen, für die ganzen Familien, die völlig gelangweilt von sich selbst und der öden Gegend bei Turin Urlaub machen. Die hätten dann mal sehen können, wie eine Dynastie lebt, die den Kulturbegriff geformt hat und hohle Begriffe wie Etikette und Boheme mit Leben füllt. Oder gefüllt hat. Von unserem Familienverbund ist ja auch nicht mehr viel übrig. Außer an Ostern, wenn wir noch mal kurz zusammenkommen und versuchen, uns nicht zu streiten. Zumindest so lange nicht, bis die Kinder ihren Mini-Lamborghini oder ihre „Petite-Patek“ im Gras entdeckt haben. Aber letztes Mal hat ja nicht mal das geklappt. Nici wollte es übernehmen, Aureliéns Geschenk zu verstecken, und hat die Uhr irgendwo in den Garten getan. Als Aurelién nichts fand, hat er natürlich einen ziemlichen Anfall bekommen und war auch mit einem Schokoei nicht zu beruhigen. Dummerweise konnte Nici sich beim besten Willen nicht mehr erinnern, wo er das 11.000 Euro teure Ding gelassen hat.
Na ja, er hat sie dann doch noch wiedergefunden. Als er ein paar Tage später mit dem Aufsitzmäher unterwegs war, war klar, wo die Uhr gelegen hatte.
Jedenfalls ist der Schrottkasten jetzt weg. Ein Scheich hat ihn gekauft. Das finde ich eine gute Lösung. Er hat 37 Ehefrauen, das Schloss hat 40 Zimmer. Da kommen die sich nicht in die Quere.
Samstag, 30. 05. 2009
Hab mich furchtbar mit Maman gestritten. Ich wünschte, sie würde sich endlich mal aus meinem Leben raushalten. Ich kommentiere ja auch nicht, wie albern ich ihre Lesbennummer finde, wo sie sich doch bislang allem an den Hals geschmissen hat, was drei Beine hat. Aber seitdem sie mit René zusammen ist, meint sie, jede Hetera mit Mitleid bedenken zu müssen. Jetzt hat sie meinen Mann beleidigt. Hat ihn einen Zwergpudel genannt. Einen „giftigen, kleinen Kläffer“, der das Volk an der Nase herumgeführt habe. Und als reiche das nicht, meint sie mir auch noch einen mitgeben zu müssen: „Aber das hat dir ja schon immer gereicht. Aufgeplusterte Gernegroße, die für dich apportieren. Hauptsache, hübsch frisiert.“ Liebes Tagebuch, ich muss wohl nicht sagen, dass ich sprachlos war. Ich habe einfach aufgelegt.
SILKE BURMESTER
■ Das ganze geheime Tagebuch der Carla Bruni auf www.taz.de/bruni
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