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Programmatisch kaum ein Unterschied

Morgen wählt das Konzil der Humboldt-Universität einen Präsidenten. Der Herausforderer von Amtsinhaber Mlynek heißt Michael Greven, ist Politologe und kommt aus Hamburg. Seine Chancen sind die eines Außenseiters: sehr gering

Nein, ein Alt-68er sei er nicht. Im turbulentesten Jahr der Studentenbewegung habe er noch in Bonn-Oberkassel gewohnt und sein Abitur gemacht. Als er in den Jahren darauf während seines Politikstudiums doch erste Protestluft schnupperte, sei vieles bereits vorbei gewesen.

Vielleicht war das der Grund, warum Michael Greven nicht so recht auf die Frage antworten wollte, ob in seinem Führungsstil auch ein antiautoritärer Geist mitfließt. Grundsätzlich würde er sich ja schon alle Meinungen anhören, heißt es aus Kreisen seiner Mitarbeiter. Der Vorwurf, dass er am Ende dann dennoch das machte, was er will, empfindet der 57-Jährige aber nicht als Beleidigung.

Greven, Politikprofessor und derzeit noch Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg, muss morgen nicht noch einmal vors Pult treten, und sich von den 60 Mitgliedern des Konzils der Humboldt-Universität (HU) löchern lassen. Diese Mammutanhörung hat er hinter sich. Über drei Stunden lang stand er am vergangenen Dienstag den 30 Vertretern der Professorenschaft sowie den jeweilig 10 Vertretern der Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeitern und den sonstigen HU-Angestellten Rede und Antwort. Und sie wollten es sehr genau wissen, wie er denn zu Studiengebühren stehe, zu Verwaltungsreformen, zum Thema Eliteunis und ob er den Sparplan mit dem rot-roten Senat genauso ausgehandelt hätte wie der amtierende HU-Präsident Jürgen Mlynek.

Einen schlechten ersten Eindruck hat er nicht gemacht. Zumindest konnte er auf alle Fragen souverän und eloquent antworten und machte seinem Ruf eines „brillanten Rhetorikers“ alle Ehre. Das war aber auch schon alles. Denn ging es um seine programmatischen Ziele, waren die Unterschiede zu seinem Gegner Mlynek kaum auszumachen. Greven rechnet fest damit, dass Studiengebühren auch in Berlin eingeführt werden, beim Thema Eliteuni kann er zwar den Begriff „Elite“ nicht leiden, meint letztlich aber das gleiche wie sein Konkurrent, wenn er sagt: „Ich kenne kein gerechteres Verteilungskriterium als Leistung.“ Warum solle diese nicht gezielt gefördert werden? Und was die Finanzen betrifft: An der Umstrukturierung der Hochschullandschaft komme auch die HU nicht vorbei. Auf die Frage, was ihn von Mlynek dann überhaupt unterscheidet, antwortet er: „Das müssen Sie schon selbst beurteilen.“ Und überhaupt, er sei ja kein Politiker. Deswegen müsse er auch keinen Wahlkampf machen.

Dabei sind ihm Politikermethoden durchaus vertraut. Er hat über die „Macht in Demokratien“ geforscht. Sein Werk „Die politische Gesellschaft“ wurde als „bestes politikwissenschaftliches Buch“ ausgezeichnet. Derzeit leitet Greven ein Seminar über „Habermas als Theoretiker der Politik und Politiker“.

Bundesweit für Aufsehen sorgte der Politikwissenschaftler im Sommer, als er mit dem Sammeln von Unterschriften verhindern konnte, dass die Hamburger Uni dem russischen Präsidenten und Despoten Wladimir Putin die Ehrendoktorwürde verlieh – was ihm seine vor allem links orientierten Studenten hoch anrechnen.

Er selbst sieht für seine Kandidatur durchaus eine Chance. Er hat nur die Chance eines Außenseiters. Denn die Sparreformen des amtierenden Präsidenten Mlynek haben viele Professoren vergrätzt. Viele vom wissenschaftlichen Mittelbau sind enttäuscht. Und die studentischen Vertreter haben bereits angekündigt, dass sie Mlynek auf keinen Fall wählen werden. Trotzdem bleibt Greven Realist: „Als Herausforderer kann ich die Wahl nicht gewinnen – Mlynek kann sie nur verlieren.“ FELIX LEE

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