: „Grundlegende Besserung“
BERLIN TAZ ■ Wie viele Arbeitslose verträgt Deutschland? Eine Geschichte der Republik in Zahlen.
Der Start: Die Zahl der Arbeitslosen beträgt im Jahr der Gründung der BRD 1,23 Millionen. Das Rezept der Regierung unter Konrad Adenauer (CDU) für die Bekämpfung der nachkriegsbedingten Arbeitslosigkeit: Investitionen in die Produktion und Steuersenkungen.
Eine Million: Nach dem rapiden Rückgang der Arbeitslosigkeit seit Mitte der 50er-Jahre und Vollbeschäftigung in den 60ern steigt die Zahl der Arbeitslosen 1975 nach der Ölkrise erneut auf eine Millionen an.
Zwei Millionen: 1983 wird die nächste Hürde genommen. Helmut Kohl (CDU) ist seit einem Jahr Bundeskanzler. Technische Innovationen und Rationalisierungsmaßnahmen machen immer weniger Beschäftigte in der Produktion nötig. Die regierende Koalition aus CDU/CSU und FDP will durch Wirtschaftswachstum und eine Senkung der Sozialausgaben die wirtschaftliche Konjunktur ankurbeln. Kohl dazu „Für alle Bürger muss wieder gelten: Wer mehr wagt und wer sich mehr plagt, der hat auch Anspruch auf Erfolg und Gewinn.“
Drei Millionen werden erst 1993 erreicht. Kohl ist immer noch Kanzler. „Heute ist es überhaupt keine Frage mehr, dass sich etwas ändern muss“, sagt Walter Riester, damals noch zweiter Vorsitzender der IG Metall.
Vier Millionen Arbeitslose gibt es 1997. Kohl regiert immer noch und kündigt am 3. April im österreichischen Bad Hofgastein seine Kandidatur für die Bundestagswahl 1998 an. Die Zahl der Arbeitslosen steigt um rund 430.000 gegenüber dem Vorjahr – auf 4,384 Millionen. „Die Belastungs-, Kompromiss- und Duldungsbereitschaft ist in Ost und West seit 1994 ständig gestiegen“, heißt es im unabhängigen Arbeitslosenreport 1997. Der Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA), Bernhard Jagoda, sieht „Anzeichen für ein allmähliches Erreichen der Talsohle“. Eine „grundlegende Besserung“ lasse allerdings „weiter auf sich warten“. Kritikern, die ein baldiges Erreichen der 5-Millionen-Marke prophezeien, hält Mister Arbeitslosigkeit entgegen, es sei ein „beliebtes Spiel, dass sich jeder scheinbar an den höchsten Zahlen berauscht“. ANNE BECKERALEXANDRA HAETZER
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