LESERINNENBRIEFE :
■ betr.: EU-Wahlen
Undankbare Wähler
Die Politiker können einem leid tun. Wieder einmal sind es die undankbaren Bürger, die trotz flehentlicher Wahlappelle lieber zu Hause blieben, als ihre Stimme für die Wahl eines leider immer noch viel zu einflusslosen EU-Parlaments abzugeben. Es sind allerdings die gleichen Wähler, denen man seinerzeit (im Gegensatz zu manch anderem EU-Land) eine Volksabstimmung zum Lissabon-Vertrag vorenthielt, weil sie offensichtlich dafür zu unmündig und unzuverlässig schienen. Jetzt hätten wir wieder alle gedurft, hatten aber keine Lust mehr. Welchen Bürger hätten die Politiker denn nun gern? HELMUT OEHLING, Berlin
■ betr.: „SPD in Insolvenz“, taz vom 8. 6. 09
Nieselregen und leichte Böen
Wenn man den Kommentatoren der Europawahl Glauben schenken darf, dann war dieser 7. Juni, meteorologisch betrachtet, der schlimmste seit 1979. Noch nie in der Geschichte der Wahl zum Europäischen Parlament war die Wahlbeteiligung in Deutschland geringer – Nieselregen und leichte Böen sollen der Grund dafür gewesen sein. Die Parteien hingegen sehen die Ursache hierfür nicht bei Petrus. Zumindest von SPD und Linken hört man, es habe an der mangelnden Unterstützung durch potenzielle Wähler gelegen – Mobilisierungsproblem nennen das die Parteioberen.
Doch auch dieses Argument scheint fragwürdig. Wenn man sieht, dass das Thema Europa zum wiederholten Male erst kurz vor der Wahl Bedeutung erlangt, scheint bei den Parteien ein falsches Verständnis von politischer Mobilisierung vorzuherrschen. Es gilt nicht, die Wähler kurz vor knapp mittels Schmalspurwahlkampf an die Urnen zu locken. Wollten die Parteien wirklich für Europa werben, müssten sie sich vielmehr langfristig an der EU orientieren: Brüssel muss in der Regel als überregulierender Sündenbock herhalten, ein eindeutiges Bekenntnis zu Europa und seiner Politik ist viel zu selten zu hören. Das Problem liegt hier insbesondere in der ständigen Abwesenheit genuin europäischer Themen – die geografische Distanz Brüssels scheint sich auf die Agenda der Berliner Parteizentralen auszuwirken. Denn was nicht oder nur ungenügend angesprochen wird, existiert, politisch gesehen, nicht. MORITZ KRELL, MANUEL VESELY, Berlin
■ betr.: „Libysche Lager unmenschlich“, taz vom 4. 6. 09
Ökoarbeit für Flüchtlinge
Sie kommen unter Lebensgefahr übers Meer und werden hinter Stacheldraht gepfercht wie die Tiere. Warum gibt man den jungen arbeitswilligen Menschen nicht befristete, gut bezahlte Arbeit, damit sie davon sich und ihre zurückgelassenen Familien unterhalten können?
Auf Zypern wie auf Kreta landen in den Sommermonaten täglich Tankschiffe mit Trinkwasser an, um die Inselbewohner und Millionen von Touristen zu versorgen. Die seit der Antike abgeholzten Berghänge erodieren und Regengüsse schwemmen den letzten Rest fruchtbaren Bodens in die Täler. Warum lässt man nicht mit EU-Geldern (Flüchtlingshilfe-/Umwelt-/Entwicklungshilfefonds) die Hänge terrassieren und aufforsten? Zehn-/Hunderttausende fänden Arbeit rings ums Mittelmeer. Jeder Tourist könnte sich mit einer Art „Kurtaxe“ an den Kosten beteiligen. Ehe die afrikanischen Arbeitskräfte dann zurückkehren, sollte man mit deren Heimatregierungen vertraglich vereinbaren, dass dort Umweltmaßnahmen ähnlicher Art fortgeführt werden können. IRMGARD KONRAD, Paderborn
■ betr.: „Auslaufmodell Karstadt“, taz vom 4. 6. 09
Menschen ihre Würde lassen
Glasklar hat Ulrike Herrmann in diesem Artikel mal wieder die Fakten recherchiert, die Zusammenhänge analysiert und die Konsequenzen dargestellt. Leider ist das Fazit und die Handlungsempfehlung etwas dünn ausgefallen. Denn selbst wenn die Hartz-IV-Sätze korrigiert werden, ändert das nichts daran, dass aus Karstadt-Mitarbeitern Hartz-IV-Empfänger werden. Selbst wenn die Finanzen ausreichen, bleibt das soziale Stigma, bleibt der Abstieg in die Würdelosigkeit, der demütigende Gang aufs Amt, die peinsame Ausforschung der persönlichen Lebenslage. An dieser Stelle fehlt die mutige Forderung, den Menschen ihre Würde zu lassen, ihnen als wertvolles Mitglied der Gesellschaft ein bedingungsloses Grundeinkommen zu gewähren. Damit wäre gleichzeitig der Druck auf die Politik gemildert, wirtschaftlich unvernünftig zu handeln. JOACHIM GOLD, Esslingen
■ betr.: „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch“, taz vom 6./7. 6. 09
Wie es mir geht, fragt keiner
Hallo liebe taz! Ich schlage vor, wenigstens alle paar Wochen mal einzublenden, wer denn dieser Herr Küppersbusch eigentlich ist, der in der taz wöchentlich auf einer halben Seite ausbreiten darf, wie es ihm geht. Alternative: Auch mal Frau Piepenbrink oder Herrn Ohnemichel zu Wort kommen oder uns mitteilen zu lassen, wie es ihr/ihm/uns eigentlich geht. (Wie es mir geht, interessiert ohnehin keinen.) GERHARD RUDOLF, Bad Homburg
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