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foto-ausstellungDer ungewöhnliche Blick eines Kölners auf „les Belges“

„Spazieren sehen“ soll man auf seinen fotografischen Arbeiten können, sagt Wim Woeber. Und tatsächlich: Die Bilder, die der Kölner Fotograf jetzt in einer ad-hoc-Ausstellung zeigt, laden zum Betrachten auf mehreren inhaltlichen Ebenen ein. Immer wieder „verstecken“ sich einfallsreiche Details, die erst beim intensiveren Betrachten auffallen.

Der größte Teil der Schau „work in progress“ steht unter dem Motto „Les Belges“. Woeber hat darin typische Situationen aus unserem Nachbarland eingefangen. „Ich habe Belgien bei meinen Besuchen immer irgendwie als komisch und anders empfunden“, räumt Woeber ein – und der Eindruck verfestigt sich in seinen Werken.

Ob es der Einblick in eine düster anmutende Kneipengesellschaft ist oder die vielschichtige Abbildung einer Passantenszene mit begleitendem Polizeieinsatz – das Leben wird auf ungewöhnliche Weise eingefangen. Die Bilder werfen einen distanzierten, aber neugierigen Blick auf die Ereignisse. Woeber setzt seine Sicht der Andersartigkeit belgischer Normalität konsequent um.

So zeigt er ein frisches Gräberfeld auf einem Friedhof, auf dem Arbeiter mit Riesenschnauzbärten auf den nächsten Einsatz warten, während ihre Jacken lässig über einem Kreuz hängend pausieren. Dass die Fotos in Schwarz-Weiß sind, gibt ihnen einen Touch von Historie oder Zeitlosigkeit. Und doch stammen sie ganz aktuell aus den vergangenen Monaten.

Abgerundet wird die Arbeitsschau von Eindrücken aus Israel, die von einer Menschenmenge an der Klagemauer über ein Schiff auf dem Trockendock bis zu einer einfallsreichen Untersicht auf einen Platz in Hebron reichen. Fast bedrohlich wirkt aber das Bild, das am wenigstens Leben zeigt: Ein Ensemble von Hausdächern wird überschattet von einer erdrückenden Wolkendecke. „Wenn man genau hinguckt, sieht man sogar den Mond“, erläutert Woeber. Doch der Betrachter muss schon sehr genau „spazieren sehen“, um nicht einem Trugschluss zu erliegen: Was auf den ersten Blick der strahlende Vollmond zu sein scheint, ist in der Realität eine angeleuchtete Satellitenschüssel – der Mond versteckt sich als Sichel im Wolkenmeer. Frank Überall

Wim Woeber, „work in progress“, Redaktionsbüro Wipperfürth (Schanzenstraße 36, Gebäude 31, 2. Stock), bis 9. Februar montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, Eintritt frei.

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