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Immer noch Frauensache

Der Markt für Naturkosmetik wächst, während der Umsatz für konventionelle Produkte stagniert. Das Preis-Leistungs-Verhältnis entscheidet. Lediglich an Männer kommt die Branche schwer heran

VON MARTINA JANNING

Der Markt für Naturkosmetik wächst und wächst. Während der Umsatz bei konventionellen Körperpflegeprodukten nahezu stagnierte, verzeichneten Hersteller von echter Naturkosmetik nach eigenen Aussagen auch im vergangenen Jahr ein stabiles Umsatzwachstum im ein- bis zweistelligen Prozentbereich. In zwei aktuellen Branchenreports schätzen Experten den Anteil von Naturkosmetikprodukten auf 3 bis 6 Prozent vom Gesamtmarkt, was einem Umsatzvolumen zwischen 340 und 650 Millionen Euro entspricht.

Dass mehr Käufer zu Naturkosmetik greifen, liege vor allem an einer gestiegenen Sensibilisierung, erklärt Elfriede Dambacher, eine der Autoren des ersten Branchenreports für Naturkosmetik. Die Berliner Unternehmensberaterin sieht die Gruppe gut informierter Verbraucher im Wachsen begriffen. „Konventionelle Kosmetikhersteller machen häufig Versprechungen, die sie nicht halten können. Da wird in der Werbung zum Beispiel ein natürlicher Bestandteil in den Vordergrund gerückt, der in Wirklichkeit nur in geringer Menge enthalten ist.“ In einer Zeit allgemeiner Konsumzurückhaltung suchten Verbraucher zudem nach einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis, was sie bei Naturkosmetika oft fänden. Ein weiterer Grund für den vermehrten Kauf von Naturkosmetika sei die Zunahme von Hauterkrankungen und Allergien. Das bestätigen Umfragen im Naturkosteinzelhandel. Die Fachgeschäfte rechnen in Zukunft mit einer verstärkten Nachfrage nach antiallergischen Kosmetika und Körperpflegeartikeln, die frei von Duftaromen, Farbstoffen und Gentechnik sind.

„Besonders zugelegt haben im vergangenen Jahr alle Pflegeprodukte mit Wellness-Charakter“, hat Dambacher festgestellt. Unter dem Stichwort „Day-Spa zu Hause“ fänden vor allem Naturkosmetika neue Käufer, die pflegen und die Sinne ansprechen. Dabei gelte: „Einen Badezusatz wechselt man eher als die Gesichtspflegemarke.“

Kernzielgruppe für Naturkosmetika sind Frauen. Männer werden zwar gerne als neue Käufergruppe mit Potenzial postuliert, gleichwohl bieten nur 7 der 20 Tophersteller von Naturkosmetik eigene Männerpflegeserien an, weiß Dambacher. Sie vermutet, dass sich daran wenig ändern wird – zumal der Markt für konventionelle Herrenkosmetik zurückgehe. „Nach dem Zusammenbruch der New Economy geben Männern ihr Geld fast nur noch für Rasierzeug aus.“ Ein Hindernis sieht die Fachfrau beim Vertrieb. Wenn ein Mann naturkosmetische Produkte kaufen will, müsse er erstens meist in ein Naturkostgeschäft gehen und dort zweitens in der Präsentation nach den Artikeln suchen. Beides ist offenbar nicht manngerecht. So fand der US-Soziologe und Konsumverhaltensforscher Paco Underhill heraus, dass Männer nach der Maxime einkaufen: sehen, zugreifen, bezahlen. Frauen investieren mehr Zeit, um Produkte zu vergleichen. Das kostet auch weniger.

Einige Männer schaffen es aber, den Einkaufshürden zu trotzen. Jedoch greifen sie vorwiegend zu Pflegeartikeln für Frauen, beobachten Anbieter von Naturkosmetik. Die Produkte eignen sich für Männerhaut genauso gut. Paare, die sich einen Cremetiegel teilen, schaffen außerdem Platz im Badezimmer.

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