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Ende der Bescheidenheit

Ein Rückspiel als Vorspiel zum Nachspiel des Hinspiels: Fürth verliert verdient mit 1:3 gegen den neuen Tabellenführer Duisburg und fordert vom DFB die Neuansetzung aller Hoyzer-Spiele

AUS FÜRTH CHRISTOPH RUF

Mit ihrem Präsidenten hatten es optimistischere Gemüter in Fürth nicht immer leicht. Noch so nah konnten die „Kleeblätter“ an den Aufstiegsrängen kratzen, noch so sehr von der Konkurrenz gelobt werden – die Reaktion des Helmut Hack war stets der gleiche Ordnungsruf: Es könne für den Verein nur darum gehen, solide zu wirtschaften und die Klasse zu sichern. Basta. Wenn heuer auf der Vereins-Homepage und im Schaufenster vieler ortsansässiger Geschäfte der Slogan „Wir wollen hoch“ prangt, kommt das im notorisch pessimistischen Franken einer anthropologischen Revolution gleich. Vergangenen Freitag hatte Bürgermeister Thomas Jung die Kicker gar auf die Fürther Freiheit zitiert und erklärt, dass „eine ganze Stadt hinter euch steht“. Und das mit dem Stehen sei wörtlich zu nehmen: „Wer vor dem Fernseher sitzt, kann der Mannschaft nicht helfen.“

Dem Appell, trotz arktischer Temperaturen von minus 15 Grad die alternative DSF-Liveübertragung zu sabotieren, kamen am Montagabend 8.100 Zuschauer nach. Ein Teil von ihnen hatte bereits am Vortag Schnee geschippt, woraufhin eine Walze dafür sorgte, dass aus etwas, das einmal ein Rasen gewesen sein mag, eine Tundralandschaft wurde: „Das Fernsehen zahlt natürlich eine Menge Geld“, so MSV-Coach Norbert Meier, „wenn bei so einem Boden aber mal einer richtig hinknallt, kann eine Menge passieren.“

Trotz der widrigen Bedingungen entwickelte sich von Beginn an eine sehenswerte Partie, die der cleverere und taktisch diszipliniertere Gast verdient mit 3:1 gewann. Nach dem frühen Freistoßtor von Ivan Grlic (3.) legten die Gäste prompt nach (21. van Houdt). Erst kurz nach der Pause entwickelten die behäbigen Fürther ein wenig mehr Druck. Dass das Spiel gelaufen sein würde, war dennoch wohl allen Beteiligten längst vor dem zweiten Tor van Houdts (81.) und dem kosmetischen 1:3 durch Christian Eigler (87.) klar. Die höhnischen Gesänge der Gästefans („Gegen Duisburg kann man mal verlieren“) entsprachen allerdings der Einschätzung der neutraleren Besucher.

Trotz eines komfortablen Vorsprungs von 8 Punkten auf einen Nichtaufstiegsplatz wollte Trainer Meier nach dem Spiel nichts von einer Favoritenrolle seines MSV wissen: „Frankfurt und 1860 sind wieder da, und auch Aue nehme ich sehr ernst“, lobte er die Mannschaften auf den Tabellenrängen vier bis sechs. Alles andere seien „Momentaufnahmen, die von den Medien sofort aufgegriffen werden.“

Trotz der Tabellensituation – der Dritte Fürth hat immer noch sechs Punkte Vorsprung auf den Viertplatzierten Frankfurt – ist Meiers Einschätzung nicht nur Understatement: Während der MSV seine Schwächeperiode hinter sich gelassen zu haben scheint, gewann Köln das Gros seiner Spiele äußerst glücklich und hinterließ nur selten einen souveränen Eindruck. Dennoch führt das Trio Köln, Duisburg und Fürth die Tabelle seit geraumer Zeit an.

Fast schien es da, als sei mancher gar nicht mal so traurig darüber, dass die Zwielichtgestalt Robert Hoyzer in Liga zwei die Schlagzeilen lieferte, die die sportliche Lage nicht hergab. Mit Rolf Dohmen (KSC) forderte der Manager eines stark abstiegsgefährdeten Clubs, in dieser Saison dürfe es gar keine Absteiger geben. Der Tabellen-Viertletzte Rot-Weiß Essen schwächte die Forderung dann dahingehend ab, es sollten nur zwei statt vier Teams absteigen. Zwischenzeitlich lagen dem DFB-Sportgericht allein neun von Zweitligisten angestrengte Klagen gegen einzelne Spielwertungen vor, drei sind mittlerweile zurückgezogen, erst ein Fall entschieden – die Partie Ahlen gegen Burghausen (1:0) wird wiederholt.

Fürths Präsident Helmut Hack verteidigte am Montag die Anfechtung der Hinspielniederlage in Duisburg, die als eine von fünf Partien noch verhandelt werden muss. Hoyzer sei mit dem Vorsatz in die Partie gegangen, diese mit einem Duisburger Sieg enden zu lassen, „wenn er jetzt sagt, er musste gar nicht manipulieren, weil der MSV eh führte, kann man das nicht kontrollieren.“ Die sauberste Entscheidung sei es daher, alle fragwürdigen Spiele neu anzusetzen.

Wann genau das Sportgericht entscheidet, steht bislang noch nicht fest. Der DFB scheint viel Zeit zu haben.

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