OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
So ironisch es uns heute auch erscheinen mag – der verlorene Erste Weltkrieg und die anschließende Inflation begünstigten tatsächlich die Entstehung von Monumentalfilmen in Deutschland. Die 1921 gegründete Europäische Film Union, mit der etwa der Produzent und Regisseur Joe May seine Produktion verknüpfte, hatte es sich zum Ziel gesetzt, mit ausländischem Kapital in Deutschland preiswerte, aber konkurrenzfähige Filme für den internationalen Markt zu drehen. Denn Deutschland war Billiglohnland. Allerdings ging die Rechnung amerikanischer Investoren nicht wirklich auf: Das Budget von über 20 Millionen Mark für Mays Monumentalproduktion „Das indische Grabmal“ (1921) entsprach damals immerhin einem Gegenwert von 300.000 Dollar – Kosten, die der Film dann doch nicht einspielen konnte. Aber es entstand mit der Geschichte vom finsteren Maharadscha (Conrad Veidt), der von einem europäischen Architekten ein Grabmal für seine untreue Geliebte bauen lassen will, immerhin ein Prototyp des großen deutschen Abenteuerfilms, wovon nicht zuletzt die Remakes von Richard Eichberg (1938) und Fritz Lang (1958) Zeugnis ablegen.(„Das indische Grabmal“, Teil 1 + 2 am 7. 7. im Babylon Mitte)
Zu ihrem 80. Geburtstag im letzten Jahr hat sich die Regisseurin Agnès Varda eine Art Selbstporträt gegönnt und blickt mit „Les plages d‘Agnès“ auf ihr Leben und ihre Karriere zurück. Wer Vardas Filme kennt, weiß auch, dass dies selbstverständlich nicht auf konventionelle Weise geschieht: Was Varda an einer derartigen Reminiszenz interessiert, ist nämlich nicht sie selbst, es sind vielmehr die Menschen, denen sie dabei (wieder)begegnet. Eine kleine, eher am Rande liegende Episode des Films ist vielleicht besonders bezeichnend: Da wird Varda eingeladen, noch einmal das Haus zu besuchen, in dem sie ihre Jugend verbracht hat. Natürlich produziert das Wiedersehen ein paar Erinnerungen, aber besonders beeindruckt ist die Regisseurin von der Sache eigentlich nicht. Doch dann lässt sie sich vom Hobby des augenblicklichen Wohnungsinhabers erzählen, den Modelleisenbahnen, und das erscheint dann sofort ungleich wichtiger. „Les plages d’Agnès“ läuft im Rahmen der Französischen Filmwoche. (3. 7. im Cinema Paris; 6. 7. im FT am Friedrichshain)
In „My Architect“ (2003) erforscht Nathaniel Kahn, der uneheliche Sohn des modernen Baumeisters Louis I. Kahn, auf recht persönliche Weise das Leben seines ihm nahezu unbekannten Vaters und versucht ihn als Menschen und als Architekten zu begreifen. Und das ist weder so noch so einfach, denn Kahn war im persönlichen Umgang offenbar ziemlich schwierig und als Baukünstler total kompromisslos. Aber es gibt auch richtig rührende Szenen: In Bangladesch sind die Menschen immer noch unglaublich stolz auf den monumentalen Regierungsgebäudekomplex in Dhaha – und schließen deshalb auch Kahn jr. sofort in ihr Herz. Interviews mit berühmten Kollegen des Vaters wie Frank Gehry und I.M. Pei runden das Porträt ab. (2. 7. im Zeughauskino) LARS PENNING
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