Kreis-Chefs kämpfen um Polente

Die Provinzpolitik will die Marke nicht abgeben. NRW-Landräte wehren sich gegen Zerschlagung der Kreispolizeibehörden. Die beleidigten Pampa-Sheriffs versprechen eigene Pläne zur Polizeireform

VON MARTIN TEIGELER

In Actionfilmen aus Hollywood gibt es regelmäßig jenen Moment, da Police Chief und Bürgermeister bei der Verbrechensbekämpfung aneinander geraten. Egal ob „Dirty Harry“ oder „Lethal Weapon“ – die Streitereien zwischen sonnenbebrillten Cops und zaudernden Anzugträgern sind Running Gags zahlreicher Polizeifilme. Was auf der Leinwand funktioniert, gehört auch in den NRW-Landkreisen zur Tradition. Der Landrat als ziviler Polizeichef soll erhalten bleiben, die Provinzpolitik kämpft gegen die „Zerschlagung“ der Kreispolizeibehörden.

Es ist eine heilige Allianz der Polizeimarkenträger, Landräte, CDU-Dorfregenten und Verbandsfunktionäre, die angetreten ist, die grünen Uniformen weiter auf dem platten Land anziehen zu dürfen. „Eine Reform auf Grundlage der jetzigen Situation ist möglich“, sagt Alexander Schink, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags Nordrhein-Westfalen. Schink und seine Landräte stellen einen baldigen Reformplan in Aussicht. „Wir werden zeigen, dass gerade von den Landräten geführte Polizeibehörden erhebliche Einsparpotenziale aufweisen.“

Einsparpotenziale. Das böse Wort. Die Polizei muss sparen – wie alle. Darum brachte SPD-Innenminister Fritz Behrens eine Polizeireform auf den Weg. Behrens sitzt in der Landeshauptstadt Düsseldorf und hat sich den kollektiven Unmut der offiziellen Provinz zugezogen. Grund: Eine vom Land eingesetzte Kommission hat vorgeschlagen, die Zahl der Kreispolizeibehörden von 50 auf nur noch 16 zu reduzieren. Vor allem die Begründung der Reform macht die Landräte rasend. Er wolle „mehr Indianer und weniger Häuptlinge“ bei der Polizei, sagte Innenminister Behrens. Und weiter: „Wir werden die Wasserköpfe verändern.“ Durch Bürokratieabbau könnten 2.400 der rund 50.000 Polizisten von ihren Schreibtischen zur direkten Verbrechensbekämpfung versetzt werden. Am Schlimmsten und von der Kaste der größtenteils christdemokratischen Dorfpolizei-Chiefs als persönliche Beleidigung des sozialdemokratischen Polizeiministers aufgefasst: „Die Polizei ist Landesangelegenheit und kein persönliches Hobby von Landräten.“

Die Reaktionen an den ruralen Gestaden fielen im Januar dieses Jahres ernsthaft beleidigt aus. „Ihre Äußerung ist nicht nur unsachlich, sondern diskreditiert all diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die diese Pflichtaufgabe mit großem Pflichtbewusstsein und persönlicher Einsatzbereitschaft wahrnehmen“, schrieb CDU-Landrat Frithjof Kühn (Rhein-Sieg-Kreis) an den Minister. „Ich verwahre mich dagegen, dass Sie meine Arbeit und die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen auf diese Weise abwerten und verunglimpfen. Ich hätte von Ihnen als unserem obersten Dienstherren Anerkennung und Loyalität erwartet.“ CDU-Amtskollege Wilhelm Riebniger (Soest) sprang Kühn genauso pikiert bei: „Ein Minister, der so etwas sagt, und gleichzeitig auch für die Angelegenheiten der Kommunen zuständig ist, disqualifiziert sich selbst.“

Die Landräte bangen um ein Stück Hausmacht, das sie mitunter durchaus zweifelhaft einsetzen. Dem früheren Paderborner Landrat Rudolf Wansleben wurde gar vorgeworfen, die Polizei wie sein privates Sicherheitsunternehmen zu regieren. „Die Polizei bin ich“, schien das stillschweigende Amtsmotto des Konservativen zu sein. Legende sind Episoden des Provinzfürsten wie diese: Wansleben ließ sich einst mit 20 km/h zu viel blitzen, behauptete, im Einsatz zu sein und verweigerte die Bußgeldzahlung. Wansleben wollte als ziviler Polizeichef auch schon mal in Uniform auftreten. Darüber hinaus verlinkte er die amtliche Internetseite der Kreispolizeibehörde Paderborn mit seiner privaten Homepage. Das verstieß gegen das Neutralitätsgebot und Wansleben kassierte eine Mahnung der Bezirksregierung.

Die Ablehnungsfront gegen die Reform vermag ein Einzelfall wie dieser nicht zu erschüttern. Düsseldorfs CDU forderte gar, wie die Landräte auch die Rathauschefs zu örtlichen Polizeibossen zu befördern. Oberbürgermeister Joachim Erwin als Police Chief vom Rhein? Ein Sprecher des Behrens-Ministeriums zu dieser Idee: „Die Polizei ist Landesaufgabe und nicht die Sache von Bürgermeistern, die sich zu Höherem berufen fühlen.“