: Das Ende der Reisebranchen-Krise
Krieg, Seuchen und Terror geraten in Vergessenheit – wie die gestern vorgelegten Zahlen des Reisekonzerns TUI belegen. Und 2005 wird noch ein bisschen mehr vergessen
HANNOVER taz ■ Der deutsche Reiseriese TUI hat die durch Terrorangst, Irakkrieg und die Seuche Sars ausgelöste Krise der Tourismusbranche endgültig überwunden. Bei der Präsentation der Bilanz für 2004 konnte TUI-Chef Michael Frenzel gestern in Hannover bei Umsatz und Gewinn kräftige Steigerungen verkünden. Und auch der Ausblick verdient durchaus die Bezeichnung „rosig“: Die Buchungszahlen für das Jahr 2005 tendieren nach oben. Nichts zu spüren also von Hartz IV und der allgemeinen wirtschaftlichen Verunsicherung in Deutschland.
Das für den wirtschaftlichen Erfolg ausschlaggebende operative Ergebnis, also der Gewinn vor Steuern und Abschreibungen, konnte die TUI AG nach Angaben von Frenzel im vergangenen Jahr auf 490 Millionen Euro verdoppeln. Im Jahr 2003 hatte das operative Ergebnis noch bei 242 Millionen Euro gelegen. Besonders hob der TUI-Chef hervor, das die Touristiksparte des Konzerns mit 362 Millionen Euro am meisten zum Ergebnis beitragen konnte und ebenfalls einen Ergebnisanstieg um rund 75 Prozent zu verzeichnen hatte. Dabei schrieb die TUI in allen Reisemärkten wieder schwarze Zahlen. Auch der Bereich Mitteleuropa, der 2003 noch einen Verlust von 16,5 Millionen Euro eingefahren hatte, trug 2004 wieder mit gut 82 Millionen Euro zum Gewinn bei. Bereinigt um die Erlöse verkaufter Unternehmenstöchter, stieg der Umsatz des Gesamtkonzerns im vergangenen Jahr um 7,3 Prozent auf rund 18 Milliarden Euro.
Als Grund für den Gewinnsprung im Reisegeschäft sieht Konzernchef Frenzel die bessere Auslastung der gebuchten Kapazitäten, durch die weniger Reisen unter Wert zu Schnäppchenpreisen verkauft werden mussten. Das interne Sparprogramm habe seine Wirkung entfaltet. Außerdem habe die Reiselust, die 2003 vor allem vom Irakkrieg verdorben wurde, allgemein wieder zugenommen.
Für das Jahr 2005 rechnet Frenzel mit weiter steigenden Buchungszahlen. Vor allem im TUI-Bereich Europa West habe man sich in den vergangenen Wochen über zweistellige Zuwachsraten freuen können, betonte der TUI-Chef. Beim Geschäft mit den Winterreisen habe man europaweit Zuwächse von 4 Prozent verzeichnen können. Die Buchungen für den Sommer lägen bislang sogar um 7 Prozent höher als im Jahr 2004. Zwar könne man den gesamten Verlauf der Sommersaison noch nicht zuverlässig prognostizieren, „ein prozentual zweistelliges Ergebniswachstum in der Touristik“ sollte aber möglich sein, stellte Frenzel einen erneuten Gewinnsprung in Aussicht.
Zum Gewinnsprung des vergangenen Jahres trug im Übrigen auch eine TUI-Tochter bei, die bereits seit längeren zum Verkauf steht: Die US-Stahlhandelstochter PNA, noch ein Erbe des alten Metallkonzerns Preussag, aus dem TUI einst hervorging, steigerte ihren Gewinn gleich von 3,5 Millionen auf 115 Millionen Euro. Von den guten Zahlen profitiert Frenzel auch persönlich: Ihm wurde im vergangenen Jahr von der TUI ein Gehalt von 3,2 Millionen Euro überwiesen. JÜRGEN VOGES
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