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Viel Licht in den Stunden des nahen Todes

Beim Sondergottesdienst in der St.-Hedwigs-Kathedrale beten Gläubige für den Papst. Sein nahender Tod berührt auch Nichtchristen. Viele zünden Kerzen an. Der Weihbischof bittet nicht mehr um Genesung, sondern um einen guten Tod

Eine Touristin, die ihren Stadtführer unter den Arm geklemmt hat, schließt erschrocken wieder die Tür, als sie drinnen in der St.-Hedwigs-Kathedrale die Menschen beim Gebet sieht. Etwa 20 Gläubige haben sich zum Sondergottesdienst in Berlins ältester katholischer Gemeinde versammelt, um zusammen mit Weihbischof Wolfgang Weider vom Erzbistum Berlin des Papsts zu gedenken. Der Dompfarrer Alfons Kluck ist, so wollte es das Schicksal, momentan mit Jugendlichen auf einer Gruppenfahrt in Rom.

Vor dem Eingang des Doms lärmt es von der Baustelle am Bebelplatz, drinnen jedoch herrscht andächtige Stille. Die Menschen haben sich zumeist in Paaren auf die Bänke im großen Kirchenrondell verteilt. Sie lauschen mit gesenktem Blick der Predigt. Einige haben dabei die Hände gefaltet oder knien nieder zum Gebet. Nur die anwesenden Fotografen und Kameramänner sind in Bewegung.

Weihbischof Weider zitiert eine Stelle aus dem Johannes-Evangelium, in der Jesus der vor seinem Grab trauernden Maria Magdalena erscheint: „Halte mich nicht fest, denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen.“ Deutlich wird: Weider bittet nicht, wie in den Wochen davor, um eine Genesung des Papstes. Er bittet für ihn und alle Sterbenden um eine gute Todesstunde.

Dass Johannes Paul II. sein Leiden und Sterben nicht versteckt, sondern es öffentlich zur Schau getragen hat, beeindruckt die Menschen hier. Ein Christ aus Pankow, der jeden Tag zum Gottesdienst kommt, sieht es als Zeichen von Mut und Demut. „Der Heilige Vater hat mit seinem Pontifikat mein bisheriges Erwachsenenleben durchmessen“, sagt er. Sein klares Wort werde ihm fehlen. Er habe ihm viel zu verdanken, „wie wir Deutschen überhaupt“, fügt er schließlich noch hinzu: „Denn der Papst war uns Deutschen gegenüber sehr offen und am Erfolg der Wiedervereinigung sicherlich nicht unbeteiligt.“

Die große Weltoffenheit von Johannes Paul II. betont auch ein anderer Besucher der Messe, der zwar nicht gläubig ist, wie er sagt, aber „menschlich vom Papst berührt“. Für ihn wird Johannes Paul II. immer als „großer Reisepapst“ in Erinnerung bleiben, der die Kirche von Südamerika bis zum Nahen Osten zu integrieren versuchte.

Wer in der St.-Hedwigs-Kathedrale ist oder hereinkommt, zündet zumeist eine Kerze an. Eine Mutter und ihr Sohn, beide Mitglieder der Gemeinde, beten längere Zeit vor den baumförmigen Kerzenhaltern. In Krakau sei sie ihm begegnet, erzählt die Frau mit geröteten Augen, noch bevor er Papst geworden sei. Es seien Augenblicke und Worte gewesen, die sich festgehakt haben in ihrer Erinnerung.

Selbst die Touristen, die sich nach dem Gottesdienst wieder hereintrauen, sind berührt. Gleich zweimal müssen die Teelichter von der Kathedralführerin Roswitha Sauer heute aufgestockt werden. Sie kennt das schon, schließlich hatte sie auch nach der Tsunami-Katastrophe Dienst. „In solchen Zeiten wollen die Menschen ihrer inneren Beteiligung einen äußeren Ausdruck geben und ein Zeichen hinterlassen“, sagt sie.

Die junge Frau macht der nahende Tod des Papstes betroffen. Sie hat ihn, als er 1996 zur Heiligsprechung des im KZ umgekommenen Dompropsts Bernhard Lichtenberg hierher in die Kathedrale kam, selbst erlebt. „Ob in der Nähe oder aus der Ferne“, sagt sie, „er konnte die Menschen wirklich faszinieren.“

TINA HÜTTL

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