: Katrin Bettina Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um
Gehen, sehen, zeichnen: Das ist ein Programm, das man sowohl in der Ausstellung „gehend (Field Recordings 1–3)“ von Helen Mirra in den Kunstwerken entdecken kann als auch in den graphitdunklen Blättern von Barbara Yelin in der Galerie Ida Illuster. Yelin schickt in einer surrealen Bildergeschichte ein kleines Mädchen auf einen Weg durch vibrierende Schatten und Dunkelheiten: In einsamen Alleen und alten Häusern wuchern dichte Bündel von Strichen auf sie zu. Sie geht und geht, als wäre sie allein auf der Welt. Mit jedem Schritt wachsen die Empfänglichkeit, die Fantasie und das Unheimliche. Ida Illuster ist übrigens eine neu gegründete Galerie für Illustrationen aus Bilderbüchern, vom Buch für Kinder bis zur Graphik Novel. Yelin zeigt auch eine zweite, farbige, und leichtere Bilderserie, die während einer Reise nach Kairo 2011 entstanden ist, voll laut hupender Autos, von Menschen wimmelnden Plätzen und Dächern mit Satellitenschüsseln.
Auch Helen Mirra hat die Welt unter die eigenen Füße genommen, gleich als Teil ihrer Kunst, und auf Wanderungen am Rhein, durch Berlin und rund um Zürich Material gesammelt, das jetzt eine filigrane und asketisch anmutende Spur in diese Zeit der Bewegung zurücklegt. Aus am Weg gefundenen Ästlein sind Frottagen entstanden, auf dünnem Stoff, die sich jetzt zu linearen Zeichnungen zusammensetzen. Das hat etwas von feiner Kalligrafie und vom Wegräumen alles Nebensächlichen. Und auch etwas Beneidenswertes: Sich so viel draußen herumtreiben als ersten Schritt eines Arbeitsprojekts, wer möchte das nicht. Dabei haben die Installationen auch etwas von Bildverweigerung, denn sie hat nicht Aussichtspunkt für Aussichtspunkt auf den Auslöser gedrückt. Aber das ist auch ein wenig kokett: Viel Zeit und viel Aufwand flossen hier durch ein wenig Farbe auf schmalem Feld.
■ Barbara Yelin „Licht im Graphit“, Ida Illuster, Sophienstr. 32, bis 28. Januar, Mi., Sa. 11–18 Uhr, Do., Fr. 12–20 Uhr
■ Helen Mirra, „gehend (Field Recordings 1–3)“, KunstWerke, Auguststr. 68, bis 29. Januar, Di.–So. 12–19 Uhr, Do. 12–21 Uhr
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