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Nervende Dominanz

SKISPRINGEN Bei der Tournee dieses Jahres dominieren wieder einmal die Österreicher. Keine der anderen Skisprungnationen kann ihnen das Wasser reichen. Das Team um den Gesamtführenden Gregor Schlierenzauer hat alles im Griff – bis auf das Wetter

BISCHOFSHOFEN taz | Es war schon spät am Abend, als der Tourneetross Bischofshofen im Salzburger Land erreichte. Der Auslauf der Paul-Außerleitner-Schanze war vom Flutlicht hell erleuchtet. Es schien, als wollten die Organisatoren des finalen Springens der Vierschanzentournee einen Willkommensgruß an die anreisenden Springer, Trainer, Serviceleute, Journalisten und Funktionäre senden. Die rot-weiß-rote Party kann weitergehen: Jubel in Innsbruck – und mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit auch Jubel in Bischofshofen. Gregor Schlierenzauer vor Andreas Kofler vor Thomas Morgenstern – das Gesamtklassement lässt keinen Zweifel daran, dass ein Österreicher die Serie für sich entscheiden wird. Nur das Wetter könnte das Spektakel noch stören.

Wenig Gegenwehr

Aber kein Springer anderer Nationen hat die Schützlinge von Trainer Alexander Pointner ernsthaft herausfordern können. Die beiden Podestplätze, die sie anderen überließen, waren die dritten Ränge von Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck. Erobert haben sie zwei Japaner: Daiki Ito und Taku Takeuchi. Die Norweger? Anders Bardal hatte in diesem Winter immerhin schon einen Weltcupsieg errungen – bei der Tournee blieb ihm nur eine Nebenrolle. Die Polen? Kamil Stoch gilt als Nachfolger des großen Adam Malysz, der derzeit bei der Rallye Dakar mitfährt. Bei der Tournee enttäuschte Stoch. Simon Ammann aus der Schweiz? Eine Grippe schwächte den vierfachen Olympiasieger – in Bischofshofen ist er gar nicht mehr am Start. Und die Deutschen? „Uns ist leider der große Wurf nicht gelungen“, räumte Trainer Werner Schuster ein. Den ein oder anderen Podestplatz hatte er sich schon erträumt für Severin Freund oder Richard Freitag. Freund jedoch wusste nur in Oberstdorf als Vierter zu überzeugen. In der Tourneewertung ist er Sechster. Und Freitag, der Mitte Dezember noch als Weltcupsieger zu glänzen wusste, war so bedient, dass er am Neujahrstag diesen deutlichen Kommentar parat hatte: „Es nervt.“

Er hat damit natürlich seine eigenen Leistungen gemeint und seine Schwierigkeiten, bei der Tournee den richtigen Rhythmus für seine Sprünge zu finden. Aber niemand könnte es der internationalen Konkurrenz verdenken, wenn sie so auf die österreichische Dominanz reagiert. Alle, die gehofft hatten, dank der Weltcuperfolge für Bardal und Freitag würde es in diesem Winter an den Schanzen abwechslungsreich zugehen, bekommen bei der Vierschanzentournee vorgeführt, wie sehr die österreichische Mannschaft das Geschehen dominiert. „Es gewinnen immer die gleichen zwei Springer“, sagte Schuster nach dem Innsbrucker Springen. „Sie haben ihre Qualitäten wieder ausgespielt.“

Lauter Alphatiere

Nervenstärke, technisches Können, hervorragendes Material – tagtäglich führen die Österreicher bei dieser Vierschanzentournee ihre Überlegenheit vor. Dabei ist die Leistung von Trainer Pointner nicht zu unterschätzen, diese Gruppe voller Alphatiere und Sieganwärter gekonnt zu moderieren und Konflikte zu verhindern. So hielt sich Gregor Schlierenzauer tapfer, als Kollege Kofler in Innsbruck gewann und ihm so die Chance nahm, so wie einst Sven Hannawald alle vier Springen für sich zu entscheiden. Schlierenzauer habe „persönliche Stärke“ gezeigt, lobte Pointner, der sich vor dem Abschlussspringen um Gelassenheit und Ruhe bemühte: „Wir müssen auf dem Boden bleiben und dürfen nichts hinausposaunen.“ Der Jubel kommt früh genug – am Freitagabend in Bischofshofen. Dass die Wetterprognosen eher düster sind und vor Schnee und starken Windböen gewarnt wird, war für Pointner kein Thema: „Das Wetter können wir nicht beeinflussen.“ Wenigstens etwas, das die Österreicher nicht können. KATHRIN ZEILMANN

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