piwik no script img

DEUTSCHLAND HAT KEIN NATÜRLICHES RECHT AUF SITZ IM SICHERHEITSRATFalsche Grundannahme

„Schröder und Fischer kommen mir vor wie zwei präpubertäre Unterprimaner beim Wettpinkeln gegen den Wind.“ So despektierlich äußerte sich unlängst ein deutscher Botschafter über die Kampagne des Bundeskanzlers und des Außenministers für einen ständigen, mit Veto ausgestatteten Sitz Deutschlands im UNO-Sicherheitsrat. Fischers Blase – um im Bild des Botschafters zu bleiben – schwächelt inzwischen etwas.

Zumindest ist der Außenminister kürzlich wenigstens von der Forderung nach dem Veto für Deutschland abgerückt, die immer schon so abwegig und realitätsfremd war, dass sie sich nicht einmal als Karte im New Yorker Verhandlungspoker eignete. Und Fischer hat erkannt, dass des Kanzlers Werben für eine Aufhebung des Waffenembargos gegen China die ohnehin nie rosigen Aussichten auf Washingtons Unterstützung für einen ständigen deutschen Ratssitz noch weiter verdüstert hat.

Doch Fischers leichte Kurskorrekturen werden auch den ständigen Sitz ohne Veto nicht retten. Denn wie sich jetzt erweist, war die Grundannahme, mit der alle Bundesregierungen seit knapp 15 Jahren in der Debatte um eine Reform des Sicherheitsrates operiert haben, immer falsch: Deutschland und Japan sind eben nicht die quasi gesetzten Anwärter für einen ständigen Ratssitz, um die man dann nur noch die übrigen Interessenten aus dem „Rest der Welt“ einigermaßen geschickt gruppieren muss. Im Gegenteil: die überfällige Erweiterung des Sicherheitsrates könnte letztlich sogar völlig scheitern gerade wegen der deutsch-japanischen Tandembewerbung und der Ablehnung aller anderen Reformmodelle durch Berlin und Tokio.

Unter Verweis auf die aktuellen Spannungen zwischen China und Japan und die eindeutige Festlegung Pekings gegen einen ständigen Sitz für Tokio könnte die Bundesregierung jetzt noch einigermaßen ohne Gesichtsverlust aus dem aussichtslosen Rennen um einen ständigen Ratssitz aussteigen. Die Aussichten hierfür sind allerdings nicht sehr gut, denn offensichtlich gibt es in Berlin keine klare Koordination der UNO-Politik. Das zeigt nicht zuletzt die Art und Weise, wie Finanzminister Eichel verbindliche Zusagen der Regierung an die UNO öffentlich in Frage stellt. ANDREAS ZUMACH

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen