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„Unsere Kritik kommt an“

Attac findet Gehör. Aber nun muss die Organisation den nächsten Schritt schaffen – die sichtbare Formulierung von Alternativen, sagt Peter Wahl vom Koordinierungskreis

taz: SPD-Chef Franz Müntefering klingt wie ein Globalisierungskritiker. Ist Attac schon Regierungspartei?

Peter Wahl: Müntefering sagt das eine, aber Rot-Grün macht meist das andere. Gerade in diesen Tagen einigt sich die Regierung mit der Union drauf, die Körperschaftsteuer für Unternehmen von 25 auf 19 Prozent zu senken. Ein großer Widerspruch zu den wirtschaftskritischen Äußerungen des SPD-Chefs.

Attac – ein einflussloses Häuflein am Rande des politischen Spektrums?

Was Müntefering ausdrückt, sind Gedanken, die in der Bevölkerung weit verbreitet sind – auch dank Attac. Von dieser Stimmung hofft der SPD-Vorsitzende im NRW-Wahlkampf zu profitieren.

Manche Ideen von Attac haben den Weg in den politischen Olymp gefunden – zum Beispiel die Forderung nach internationalen Steuern. Kein Erfolg?

Internationale Steuern auf Flugtreibstoff und Devisentransaktionen sind ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Armut. Aber die Bundesregierung ist da noch sehr unentschieden. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul ist aufgeschlossen für die Devisensteuer. Aber Finanzminister Hans Eichel will das Thema wegdrücken, um die Finanzindustrie nicht zu verschrecken. Deshalb plädiert er für die Kerosinsteuer. Bei allem sollte man aber beachten, dass Rot-Grün seinen neoliberalen Kurs nicht mehr mit derselben Vehemenz verfolgt wie früher.

Wo weicht die SPD tatsächlich von ihrer wirtschaftsfreundlichen Linie ab?

Indem sie das Bankgeheimnis eingeschränkt hat. Steuerflucht ist schwieriger geworden. Bei Hartz IV wird jetzt erwogen, die Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose zu verbessern.

Das ist eine Forderung der Union, um das Lohnniveau zu drücken.

Trotzdem kann das die Situation von Arbeitslosen verbessern. Und ich vermute, dass die SPD nach einer Wahlniederlage in NRW mehr in Richtung soziale Gerechtigkeit geht.

Welche Attac-freundlichen Punkte in der Regierungspolitik fallen Ihnen noch ein?

Die Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Das ist eine Maßnahme, wo Rot-Grün vorsichtig und schüchtern versucht, mal am reichen Ende des Spektrums etwas zu ändern. Das ist alles absolut unzureichend, aber ein Anfang.

Wird es Attac in fünf Jahren noch geben?

Ja. Die Frage ist, mit welcher Bedeutung. Wenn der Trend anhält, dass unsere Themen international auf der Tagesordnung stehen, können wir größer werden. Unter der Bedingung, dass es gelingt, Alternativen zu formulieren.

Zweifeln Sie daran, dass Sie es schaffen?

Wir arbeiten daran. Aber jede Bewegung ist irgendwann davon bedroht, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Die Globalisierungskritik ist angekommen. Nun steht der nächste Schritt an: Was ist zu tun? Unsere Ansätze sind zwar vorhanden, aber noch nicht weithin sichtbar. Und es gibt ein paar schwerwiegende inhaltliche Probleme.

Was für Probleme sind das?

Zum Beispiel: Wie können wir Gerechtigkeit international so definieren, dass der Wohlstandszuwachs in den südlichen Ländern nicht auf Kosten der Armen und Marginalisierten bei uns geht? Eine heikle Frage – gerade Unternehmer halten uns vor, Attac sei entwicklungsfeindlich.

Sie stellen die Frage nach der globalen Umverteilung. Wie kommt man an das Geld der transnationalen Unternehmen, der Pensionsfonds und reichen Privatleute heran?

Zum Beispiel mit internationalen Steuern. Deshalb bin ich so froh, dass dieses Thema auf der politischen Agenda steht.

INTERVIEW: HANNES KOCH

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