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Rückkehr des Glaskinns

Schwergewichtsboxer Wladimir Klitschko schickt Eliseo Castillo in Runde vier auf die Bretter, lässt aber nach seinem Auftritt die Frage unbeantwortet, ob er schon wieder reif für WM-Kämpfe ist

AUS DORTMUND SUSANNE ROHLFING

Am Ende hielt Wladimir Klitschko, was sein Laser-Double versprach. Zumindest ein bisschen. Während die grünen und roten Lichtlinien in der Dortmunder Westfalenhalle das Ebenbild des Schwergewichtsboxers und sein Motto „He’s back“ in die Luft malten, stand Klitschko im Ring bereit, die neue Herausforderung gegen einen Aufbaugegner anzunehmen.

„Mit kaltem Herzen und wachem Verstand“, sollte er später sagen, dem Erfolgsdruck mit seiner mannigfaltigen Erfahrung aus 46 Kämpfen trotzend. Das Brimborium mit Laser-Show, Feuerwerk und Star-Ringsprecher Michael Buffer aus den USA, der die Namen der Boxer ganz wunderbar intonieren kann, sei für das Publikum gewesen, „zur Unterhaltung“, sagte Klitschko, als wüsste er, dass sein Kampf diesem Anspruch nicht gerecht werden konnte.

Schwache Gegenwehr

Zwar bezwang der ehemalige Weltmeister den Exilkubaner Eliseo Castillo durch technischen K.o. in der vierten Runde, doch ein glorreicher Sieg war das nicht. Castillo wehrte sich kaum, der zwölf Zentimeter längere Ukrainer konnte den 1,88-Meter-Mann aus Miami von Beginn an mit seiner linken Führungshand auf Distanz halten. Der 29-Jährige verzichtete dabei nahezu vollständig auf den Einsatz seiner Rechten. Als Klitschko die Rechte in der dritten Runde endlich zweimal zur Hilfe nahm, reagierten die 9.000 Zuschauer mit dankbarem Applaus. Nach 2:15 Minuten der vierten Runde erwischte Klitschkos Schlaghand Castillo nach einer lehrbuchreifen Links-rechts-Kombination schließlich knallhart, und der bis dato in 19 Kämpfen ungeschlagene Kubaner ging zu Boden. „Ich bin zurück, ich freue mich“, kommentierte Klitschko seinen 44. Erfolg im 47. Profikampf.

Doch ist der durch spektakuläre Niederlagen gegen Corrie Sanders im März 2003 und Lamon Brewster im April 2004 vom Heldenpodest gefallene Athlet das wirklich? „Das kann man immer noch nicht beurteilen“, sagte Boxpromoter Wilfried Sauerland, deutscher Kooperationspartner der Klitschko-Brüder und ihrer Firma K 2. Larry Merchant, der extra aus Klitschkos Wahlheimat angereiste Chef-Reporter des US-amerikanischen Fernsehsenders HBO, gab sich ebenfalls unentschieden: „Wir können noch nicht sagen, auf welchem Weg Wladimir ist.“

Klitschko selbst ist überzeugt, auf dem richtigen zu sein. Er sei bereit, im Juli oder August erneut zu kämpfen. Am liebsten um den WM-Titel. Im Weltverband IBF, in dem Chris Byrd (USA) momentan den Gürtel trägt, würde Klitschko (vor dem Kampf auf Platz vier) gern zum Pflichtherausforderer aufsteigen. Vorerst jedoch werden die Diskussionen um seine „Nehmerqualitäten“ anhalten. Es sind Diskussionen, die der Ukrainer überhaupt nicht mag.

Abendlicher Genuss

„Im Schwergewicht wiegt jeder um die 100 Kilo“, sagte er, „da spielt es bei einem richtigen Treffer keine Rolle, wie stark dein Kinn ist.“ Die Kunst sei, selbst möglichst wenig einzustecken und dann mit dem einen entscheidenden Schlag den Gegner auszuknocken. Gegen Castillo sei dieser Plan perfekt aufgegangen, „das habe ich genossen“, sagte Klitschko.

Dennoch sei Castillo ein „akzeptabler Gegner“ gewesen, immerhin habe der Kubaner in seinem letzten Kampf gegen den ehemaligen Weltmeister Michael Moorer nach Punkten klar dominiert. Castillo erklärte nicht, warum er gegen Wladimir Klitschko so schlecht ausgesehen hatte.

Der Geschlagene verschwand nach dem Kampf klammheimlich und schwänzte die Pressekonferenz. Wladimir Klitschko darf indes weiter träumen. Davon, einmal gemeinsam mit seinem großen Bruder Vitali auf dem WM-Thron zu stehen. Dann wäre der kleinere Bruder tatsächlich zurück. Und nicht nur ein bisschen.

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