piwik no script img

Weser Kurier will keinen Konzernbetriebsrat

ARBEITSRECHT Die Weser Kurier-Gruppe gliedert Tätigkeiten aus in neue Firmen, die keinen Betriebsrat haben. Da stört die Gründung eines Konzernbetriebsrates die Verleger-Familien gewaltig

Bei Firmen-Fragen des „Weser Kuriers“ endet die Pressefreiheit seiner Redakteure

Bald zwei Dutzend Anwälte und Prozessvertreter versammelten sich gestern Vormittag vorm Landesarbeitsgericht. Es ging um ein bekanntes großes Bremer Unternehmen – aber kein Redakteur des Weser Kuriers war gekommen. Offenbar dürfen die Kollegen nicht berichten, wenn es um ihre eigene Firma geht.

Ist der Weser Kurier ein Konzern, das war die Frage. Betriebsräte hatten einen „Konzernbetriebsrat“ gegründet, dagegen klagen die Unternehmensleitungen vor dem Arbeitsgericht. In der ersten Instanz haben sie schon verloren, Landesarbeitsrichter Michael Grauvogel ging wie selbstverständlich davon aus, dass der Weser Kurier im Zweifelsfall vor das Bundesarbeitsgericht gehen wird.

„Natürlich ist das eine Unternehmensgruppe, jedenfalls nach dem, was wir täglich erleben“, sagt der Betriebsratsvorsitzende der Bretag, Peter Krug. In mehr als ein Dutzend Firmen ist der Konzern inzwischen untergliedert und immer wieder kommt es vor, dass die Geschäftsführer von angeblich nicht abhängigen Firmen sogar auf Belegschaftsversammlungen sagen, sie könnten dies oder jenes nicht entscheiden, da müssten sie den Bretag-Vorstand – Ulrich Hackmack fragen. Es gibt nicht wenige Mitarbeiter, die haben die Firma gewechselt, nicht aber den Schreibtisch und auch nicht die Mail-Adresse. In der Personalbuchhaltung des Weser Kuriers werden Mitarbeiter verschiedener Firmen als ein „Mandant“ geführt.

Vor dem Landesarbeitsgericht kommt es aber nicht darauf an, welche tatsächlichen Machtverhältnisse im Pressehaus des Weser Kuriers bestehen, sondern was in den Verträgen steht. An diesem Punkt hatte das Landesarbeitsgericht erhebliche Nachfragen: Wenn nur eine Firma formal nicht abhängig ist, dann war die Gründung des Konzernbetriebsrates rechtsunwirksam, erklärte Richter Grauvogel. Aus den eingereichten Unterlagen könne man allerdings nicht nachvollziehen, wie abhängig oder unabhängig die Firmen der Betriebsräte, die den Konzernbetriebsrat gegründet hatten, wirklich von der Mutter-Gesellschaft, der Hackmack-Mayer-KG, sind. Das ist ein Punkt, der den Personalrat Peter Krug seit Jahrzehnten interessiert: „Es wird Zeit, dass wir endlich erfahren, wer verantwortlich ist für die Führung dieser Unternehmensgruppe.“

Warum legt sich der Weser Kurier, dessen Journalisten die gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen anderer Firmen ja nicht gerade aus der Arbeitgeberperspektive verfolgen, derart mit seinen eigenen Betriebsräten an? Der Hintergrund der Outsourcing-Strategie: Bei den meisten der neu gegründeten Sub-Firmen gibt es keine Betriebsräte. Da das bei der Sub-Firma „MVB“, der das Anzeigengeschäft übertragen wurde, nicht so geklappt hat, wurde ihr Subunternehmer-Auftrag gekündigt und das Personal aufgefordert, in die neue Firma SKC überzugehen. Bei der hat auffälligerweise der bisherige MVB-Chef die Geschäftsführung inne. KAWE

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen